blockieren Einsteigerobjektive die Auflösung ?

Hartnäckig hält sich die Meinung, dass Einsteiger-Objektive an hochauflösenden Sensoren keine verbesserte Bildqualität ermöglichen. Selbst renommierte Fachzeitschriften* sprechen davon, dass etwa eine EOS 7D oder 550D mit hochverdichteten 18 Megapixel auf dem APS-C-Sensor unbedingt hochwertige Objektive einfordern, damit ein Auflösungsgewinn gegenüber weniger megapixelträchtigen Vorgängerkameras realisiert werden könne. Muss der Anwender also tiefer in die Tasche greifen, um etwa mit einem teuren L-Objektiv in den Genuss eines Auflösungsvorteils zu kommen ?

*z.B. behauptet dies eine verbreitete Fotofachzeitschrift Ausgabe April 2010 in einem EOS 7D-Test aber auch viele Fachmedien machten solche Aussagen etwa nach Markteinführung der EOS 5D Mark II (21,1 Megapixel).

[von Stefan Gross]

Die Bildpixel der neuen Canon-DSLR werden immer kleiner. Vorbei sind die Zeiten, wo etwa eine EOS 5D im Vollformat mit rund 12 Megapixel jeder Fotodiode 8,2 Mikrometer Platz geboten hat. Mittlerweile sind sie fast auf die Hälfte geschrumpft. So nähern sich die Fotodioden z.B. an der EOS 7D und 550D mit 4,3µm schon bedenklich dem Kompaktkamera-Niveau an. Es scheint keine Frage, dass nur die besten Objektive solch kleine Pixel mit einer entsprechenden optischen Auflösung bedienen können, oder etwa nicht ?

Unsere gefühlte Testpraxis sprach bislang eine andere Sprache, uns schienen auch die Einsteigerobjektive an den hochauflösenden Bildsensoren - aller Unkenrufe und "Fachmeinungen" zum Trotz - ein Mehr an Auflösung zu bieten. Doch emotionale Eindrücke können täuschen, daher werden nachfolgend zwei der günstigsten Einsteigerobjektive systematisch untersucht: Die EOS 7D mit 17,9 Megapxiel tritt gegen die EOS 40D (10,1 Megapixel, 5,7µm-Pixel) jeweils mit dem Kitobjektiv Canon 18-55mm/3,5-5,6 IS und dem Canon 50mm/1,8 II an.

Canon 18-55mm bei Offenblende

Zunächst kommt das Canon 18-55mm zum Zuge und wir lichten bei der bekanntlich schwächsten Offenblende sowohl mit der Start- und Endbrennweite einen jungen Buckelwal (Schleich-Modell) aus derselben Distanz (rund 3 Meter) ab.

Die 100%-Ausschnitte wirken zunächst ähnlich hoch aufgelöst, sind aber schwer zu vergleichen, da die 40D ja geringer auflöst und die Ausschnitte daher kleiner sind. Die 300%-Ansicht mit Angleichung der 40D-Ausschnitte an die Grösse der 7D zeigt aber schon deutlich, dass die 7D besser abschneidet. Ergebnis Kitobjektiv: Auflösungsvorteil für die EOS 7D !

Vielleicht mag es erstaunen, wie detailliert das Kitobjektiv selbst bei der hier verwendeten Offenblende auflöst, aber Canon hat sein oft im Bundle verkauftes Objektiv schon seit längerem optimiert. Um also wirklich auflösungsschwache Objektive miteinander zu vergleichen, kommt nachfolgend das Canon 50mm/1,8 II zum Zuge.

Canon 50mm/1,8II

Zumindest bei der sehr lichtstarken Offenblende von 1,8 (und auch noch darüber) neigt das Canon 50mm/1,8 - wie auch teurere Linsen selbst der L-Klasse - zu sichtbaren Unschärfen. Das Objektiv ist jedoch ist abgeblendet deutlich leistungsstärker, daher vergleichen wir parallel auch die Auflösung bei Blende 8.

Hier fällt es auf den ersten Blick nicht leicht, Vorteile für die EOS 7D zu erkennen. Betrachtet man die 300%-Ansicht jedoch genauer, sind schon mehr Details im 7D-Bild sowohl bei Offenblende als auch abgeblendet auszumachen. Vielleicht ist das Motiv aber auch nicht ganz optimal, daher untersuchen wir nachfolgend ergänzend ein anderes Testmodell.

Testchart und Ziffernblatt

Um Auflösungsunterschiede noch besser herauszuarbeiten, bewährt sich ein noch detailliertes Motiv wie ein Auflösungschart und ein Uhrenziffernblatt, die wir ebenfalls mit dem Canon 50mm/1,8 sowohl bei Offenblende als auch abgeblendet ablichten.

Spätestens jetzt dürfte deutlich werden, dass sich der nominelle Megapixel-Auflösungsvorteil der EOS 7D auch optisch erkennbar durchsetzt und selbst bei der unscharfen Offenblende detailliertere Aufnahmen ermöglicht.

Maximale Auflösung

Vergleicht man die beiden Kamera mit dem derzeit höchstauflösenden Objektiv der Canon-Welt, dem Canon 180mm/3,5L Makro USM, dann sieht das Ergebnis wie folgt aus:

Mit Ausnahme der Endblende löst die EOS 7D in allen Blendenstufe höher als die EOS 40D auf. Im Schnitt ergeben sich an der 7D 1.984 gegenüber 1.719 Linien an der 40D. Der Unterschied liegt optisch (siehe die 100%-Ausschnitte unter den Grafen) etwa auf demselben Niveau wie an den oben gezeigten Einsteiger-Objektiven.

Fazit

Auch Einsteiger-Objektive lösen an den enger gepackten aber nominell höher auflösenden Pixel neuer Kameramodelle höher auf. Der Anwender profitiert daher auch an günstigen Linsen von den modernen Bildsensoren und muss nicht unbedingt in teure Objektive investieren. Zumindest nicht allein deswegen, damit er in den Genuss einer höheren Kamera-Auflösung kommt.



  Leserkommentare:


Derzeit sind hier 19 Kommentare vorhanden:
 

Thomas Roessler: Mit kleineren Pixeln wächst doch die Gefahr, dass eine Verwacklung erkennbar wird? Für die Tests stehen die Kameras aus guten Gründen auf Stativen, aber im fotografischen Alltag spielt das „Wackelproblem" schon eine Rolle. Als Besitzer einer „kleinpixeligen” Vollformatkamera neige ich dazu, die maximale Auflösung nicht immer zu nutzen, oder doch öfter mal ein Stativ zu schleppen
(18.07.2014, 10:08 Uhr)

Micky: Man sieht aber auch schon deutlich, daß bei dem kleineren Sensor in dunklen Bildteilen das Rauschen und die Artefaktbildung größer ist. Wozu kaufe ich eine Spiegelreflex Kamera, wenn das Bild erst durch Rauschfilter laufen muß?

Der Vergeich der Auflösung hinkt, wenn die Vergleichsbilder nicht -exakt- den gleichen Ausschnitt zeigen.
(17.04.2014, 08:07 Uhr)

Stefan_tf: @Thomas: was hat die Dynamik mit dem Objektiv zu tun? Ist mir leider nicht klar. Hier spielt der Bildsensor die entscheidende Rolle, nicht das Objektiv! Ansonsten bitte nochmal genauer erläutern...
(31.10.2012, 17:08 Uhr)

Thomas: Hallo
Linienauflösung alleine ist hier nicht relevant genug um eine Aussage zu machen. Hierzu gehört auch der Dynamikumfang. In einer Testreihe wurde an einem Body Kitobjektive und Topobjketive verglichen. Während die Kitlinsen nur 9,5 Blendenstufen an Dynamik schafften, brachten die Toplinsen 10,5 evtl mehr doch der Messaufbau konnte keine höher Dynamik messen als 10,5.
(13.09.2011, 15:16 Uhr)

Stefan_tf: @epp: die Ursache, warum die 7D selbst mit dem optimalen Objektiv nicht auf die hochgerechnete Leistung der 40D kommt liegt höchstwahrscheinlich an den verkleinerten Fotodioden (Pixel), die schlichtweg lichtschwächer werden (einen ungünstigeren Ratio von lichtempfindlicher Fläche zu den umgebenden Schaltkreisen aufweisen). Canon verbessert zwar das Pixeldesign mit fast jeder CMOS-Generation, kann aber die Nachteile der Pixelmehrung nicht vollständig kompensieren. Augenwischerei wird aber im JPEG-Format betrieben, das gerne kameraintern stärker als am Vorgänger nachgeschärft wird, um dann auf eine nominell höhere Auflösung bei Messungen zu kommen - wir nutzen daher für die Wertung ausschliesslich das Rohdatenformat.
(20.05.2011, 13:14 Uhr)

epp4: Es ist logisch, dass ein höher auflösender Sensor auch an schlechten Linsen eine gewisse Verbesserung der Auflösung mit sich bringt. Was ich vermisse, ist die Bewertung im Vergleich zur Megapixelerhöhung. Wenn selbst das höchstauflösende Objektiv bei bester Blende nicht mehr ansatzweise das Mehr an Megapixeln vollständig nutzen kann, zeigt sich doch, dass man bei weiter erhöhten Megapixeln vor allem den Overhead in Form von Datenmenge vorantreibt. Das 180/3.5 hat an der 7D im optimalen Bereich etwa 20% mehr Auflösung, also Faktor 1.2. Den muss man zwar quadrieren, um mit der Megapixelzahl vergleichen zu können. Aber 10MP x 1.44 ergibt noch lange nicht 18MP!
(20.05.2011, 12:23 Uhr)

Stefan_tf: @Stefan: bislang steht der Nachweis aus, dass die minimierte Pixelgrösse für manche Einsteigerobjektive problematisch ist. Insoweit gehe ich auch von Fremdobjektiven davon aus, dass keine Auflösungseinbussen hinzunehmen sind und die native Pixelauflösung selbst bei 18 Megapixelsensoren mit 4,7 Mikrometern-Pitch optisch bedient wird. Man sieht das auch an Kompaktkameras, die bei 15Megapixel im ISO-Basiswert (und RAW-Format) einwandfrei auflösen. Dort werden schon aus Preisgründen nicht immer die hochwertigsten Objektive verbaut sein.
(20.04.2011, 22:06 Uhr)

Stefan: Hallo zusammen
Hallo Namensvetter

Vielen Dank für diesen Test. Würdest Du bei der ganzen Thematik auch soweit gehen zu sagen, dass auch ein "günstiges" Fremdfabrikat (wie z.B. mein SIGMA 17-70mm F2.8-4.5) zum gleichen Resultat führt, nämlich dass es keine Falschinvestition ist von einer Canon EOS 450D auf eine Canon EOS 7D zu wechseln? Denn eines möchte ich auf keinen Fall, schlechtere Bilder schiessen mit der 7D als meine Bilder mit der EOS 450D.

Vielen Dank für Deine / Eure Antworten
(20.04.2011, 21:55 Uhr)

Christian Hartmann: Wie scharf darf ein Hochglanzmagazin die auf Pixelmehrung beruhende Marketingstrategie eines Kameraherstellers kritisieren, ohne bei diesem in Ungnade zu fallen? Irgendwie ist man ja aufeinander angewiesen. Also warum nicht die Gretchenfrage mit dem ohnehin schon viel gescholtenen Kit-Objektiv seicht tangieren?

Unabhängig von der Linse steigt von Modell zu Modell die Datenmenge im Verhältnis zum tatsächlichen Bildinhalt immens an. Der messbare Zugewinn an Auflösung wird in der Praxis evt. noch etwas geringer ausfallen als im Labor und ich frage mich, wann wir bei den DSLR's endlich in der Diskussion ankommen, die die 2007 bei 6mpixel.org im Bereich der Kompaktkameras losgetreten wurde.
(20.02.2011, 14:34 Uhr)

Navyo Eller: Sehr interessanter Test.

Gut von Vorteil is die AF-justierung in Verbindung mit älteren Optiken auch dazu noch, wenn's mal sein sollte.

Navyo
(08.01.2011, 23:02 Uhr)

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