Drei reine Makroobjektive, ein Zoom mit Makrofähigkeit und das "Kit"-Objektiv kamen als Vertreter des unteren Preissegmentes an der 300d auf den Prüfstand. Mir war dabei wichtig, nicht ausschliesslich reine Studioaufnahmen unter optimierten Bedingungen zu produzieren, sondern auch zu sehen, wie sich die Objektive vor allem draussen im praxisnahem Umfeld bewähren. Interessant dabei, wie sie speziell mit der 300d harmonieren würden. 

 
Getestet wurden folgende Objektive:
 

         Typ Gewicht Baulänge Geringste
Distanz*
Filter-
grösse
  Preis


Canon EF-S 18-55mm/3,5-5,6   (Kitobjektiv) als Referenz

190 g

6,6 cm

25 cm

58 mm

  € 100



Canon EF-S 18-55mm/3,5-5,6   mit einem paar Nahlinsen (Canon 250 D)

190g
+150g

6,6 cm
+ 4 cm

7 cm

58 mm

  € 100 
  + 2 x 80 €

 
Canon EF 50mm/2,5 Makro 

250 g

7,1 cm

8 cm

52 mm

  € 399


Sigma AF 50mm/2,8 Makro 

320 g

6,4 cm

3,3 cm

71,4 mm

  € 289


Tamron AF 90mm/2,8 Makro 1:1 

420 g

9,1 cm

8,5 cm

55 mm

  € 355

Sigma AF 70-300 mm/ 4,0-5,6 Super APO Makro II **
585 g 11,9 cm 95 cm 58 mm   179
 

*  die angegebene Distanz ist der reale Zwischenraum zwischen Objektivöffnung und Motiv
**das Sigma 70-300 wurde nach Beginn der Testreihe aufgenommen, daher zeigen nicht alle Schaubilder Fotos dieses Objektives


1. Grössenverhältnisse und maximale Ebenenschärfe 

1.a Pilze am Baumstamm

Aus einem umgefallenen Baumstamm wuchsen kleine, etwa 5 mm grosse Pilze, aus denen ich einen erwählte und ins Visier nahm. Hier sollte die maximale Auflösung der Objektive ein möglichst scharfes Abbild des Pilzes wiedergeben.
Bei der Aufnahme kam ein kleines Tischstativ zum Einsatz. Die Objektive wurden nach einer manuellen Vorjustierung im AF-Betrieb auf die Pilzkappe zentriert. Die Kamera wurde mit einer Infrarot-Ferbedienung ausgelöst unter Verwendung  folgender Einstellungen: höchste Jpeg-Auflösung,  ISO 100, automatischer Weissabgleich, Belichtungskorrektur um -2 Stufen sowie selektives AF-Feld.
 

Das Übersichtsfoto, aus dem der vordere Pilz 
für weitere Analysen ausgewählt wurde



Überblick über Grössenverhältnisse und Blendenauswirkung 

white_fungi_overv2.jpg (98582 Byte)


Detailblick bei voller Auflösung.
Hier wurde das jeweils schärfste Foto zum Vergleich herangezogen


white_fungi_overv_det.jpg (91703 Byte)

 
Die Objektive arbeiten erwartungsgemäss im mittleren Blendenbereich am schärfsten. Das Kitobjektiv ist in dieser Grössenordnung etwas überfordert, dennoch bringt es in Kombination mit den zwei Nahlinsen durchaus brauchbare Ergebnisse. Auch das Canon 50mm Makro bildet hier nur im Grössenordnungsbereich von 1:2 ab, bietet dafür nach meinem Empfinden jedoch die grösste Schärfe aller Objektive. Erstaunlich die Abbildungsleistung des Sigma Objektives, dass im 1:1 Bereich hinsichtlich der Ebenenschärfe das allseits hochgelobte Tamron 90mm an Schärfe deutlich überbietet.

1.b Augenpartien von Kreuzspinne und Fliege

Eine Kreuzspinne hat ihr Netz im Hausflur gespannt und verharrte dort trotz des hellen Scheinwerferlichtes und der dicht aufgerückten Objektive mutig und regungslos. Auch hier ging es darum, die jeweils etwa 0,2 mm grossen Augen möglichst scharf abzubilden.

Im zweiten Teil ging es um die Augen bzw.den Kopfbereich einer Fliege, die es sich auf dem Schwamm eines Baumpilzes (Porling) gemütlich machte und dort ebenfalls geduldig das Testprocedere über sich ergehen liess. 

In beiden Fällen wurde mit Stativ und Fernauslöser gearbeitet.

 
Der Spinnen-Versuchsaufbau in Deckennähe:     5cm trennen Objektiv und Spinne

  

 
Auflösungsreduzierung auf 50%. bzw. 75%:

Detailblick auf die Augenpartie der Spinne

    Kopfbereich einer Fliege
 


Hier ein ähnliches Ergebnis wie auf dem vorherigem Pilzfoto, wobei die etwas besser Schärfe des Sigma-Objektives gegenüber dem Tamron-Makro insbesondere auf dem Spinnenfoto erneut deutlich wird. Das Kitobjektiv mit Nahlinsenpaar schlägt sich auch hier gegen die Makrospezialisten ganz beachtlich.

 

1.c Unter Optimalbedingungen: wie genau zeigt sich die Federstruktur ?

Um Fehlerquellen weitgehend auszuschalten wurde hier ein optimiertes Umfeld im Studio gewählt.
Unter Ausschluss von Wind, wechselnden Lichtbedingungen oder Bodenunebenheiten sollte die Struktur einer Taubenfeder und deren feine Verästelung gezeigt werden. Hier kam es auf höchstmögliche Auflösung und Ebenenschärfe an, um die kleinen Federhaare (sogen. Hamuli), die sich für die Stabilität der Feder wie ein Klettverschluss ineinander verhaken, detailliert abzubilden .
 

               

Bei diesen Grössenverhältnissen spielen das Sigma 50mm und das Tamron 90mm ihre Stärke aus und zeigen deutlich mehr Details. 

Der Fokus des Sigma 70-300 wurde bei 300mm im Makromodus - im Gegensatz zu der zentimeterweiten Entfernung der übrigen Objektive - aus etwa 1 Meter gesetzt.   

 
2. Schärfentiefe

Eine kleine Pilzgruppe im Vordergrund sowie ein grösserer Pilz im Hintergrund sollten insgesamt scharf abgebildet werden. Bei der Aufnahmesituation kam es nicht auf die maximale Abbildungsgrösse an; es reichte bereits die Auflösung des "Kitobjektives" aus. Aufgenommen wurde wieder vom Stativ mit Fernauslöser bei Blendeneinstellung F29. Der Fokus wurde auf den hintersten Pilz der kleinen Gruppe gesetzt.
 

         

Insgesamt am harmonischten und vom Schärfegrad überzeugend wirkt das Tamron 90mm; es zeigt in allen drei analysierten Bereichen die beste Abbildungsqualität.
Das Sigma-Foto wirkt hier etwas mehlig und ihm fehlt es an Schärfe auf dem vordersten Pilz


3. Wie gut ist die Qualität der Makroobjektive bei Distanzaufnahmen ?

Nicht nur im extrem Nahfeld, auch für den sogenannten Normalbereich sollen sich die Spezialisten eignen. Um dies zu testen wurde am Seeufer auf ein Schild fokussiert und bei Blende 14 der Auslöser durchgedrückt. Als Referenz diente das allgemein von der Abbildungsqualität als sehr hochwertig eingestufte Festobjektiv Canon 50mm/1,8 II.

 
Fotografieren erlaubt - angeln verboten

 

   
 
 
Wie sich auf dem Angeln-Verboten-Schild zeigt, ist die Qualität aller Objektive durchaus vergleichbar. Erst auf der Baumgruppe im Hintergrund zeigt das Referenzobjektiv seine Überlegenheit in Kontrast und Schärfe.

Die Makroobjektive eignen sich also durchaus für den Schnappschuss zwischendurch oder wenn auf die Fototour kein weiteres Objektiv mitgenommen wurde. Hinsichtlich der Abbildungsqualität liegen sie  etwa mit dem "Kitobjektiv" gleichauf.

  

4. Handling, Features und Zubehör

Alle Objektive sind mit einer Umschaltvorrichtung von manuellem (MF) auf automatischen Fokus (AF) ausgestattet. Dies wird in der Regel mit einem kleinen Schiebeschalter realisiert. Eine Ausnahme hiervon macht das Tamron-Objektiv: mittels einer breiten, gummierten Ringschaltung, die gleichzeitig als Fokussierring im manuellem Betrieb dient, wird die Betriebsart wechselt. Ein echter Vorteil, denn zum einen kann hier nicht versehentlich und wohlmöglich schädigend während des AF-Betriebes in die Fokussierrung eingegriffen werden und die Umschaltung ist stets im Griff. Ein filigranes Gesuche und ertasten des Mini-Schalters wie bei den anderen Objektiven entfällt.

Auch sonst macht das Tamron-Objektiv den insgesamt solidesten Eindruck; die Gummierung seines Fokussierungsringes liegt angenehm zwischen den Fingern. Beim Canon 50mm Makro ist der sehr schmale Fokusring in Plastik ausgeführt und wirkt etwas klapprig. Das Sigma 50mm Makro mit seiner leicht angerauhten Oberfläche wirkt stumpf und verursacht fast eine Gänsehaut. Sein Fokussierring ist jedoch breit genug und wirkt solide. Der Fokustubus des Sigma 70-300 ist leichtgängig, scheint aber etwas Spielraum zu haben. Ausführung und Feeling sind hier dem günstigen Preis entsprechend ausgefallen.

Mit Ausnahme des Canon 50mm Makro-Objektives haben alle Linsen eine Entfernungsmesserangabe, die ich allerdings in der Praxis als nebensächlich einschätzen würde.  Das Tamron sowie das Sigma 50mm bieten zudem einen Umschalter, um den Bereich im Autofokusbetrieb einzuschränken. Dadurch bewegt der Motor den Tubus nicht unbegrenzt zwischen extremen Nahbereich und der Unendlich-Einstellung.

Das Tamron sowie das Sigma 70-300 werden mit einem gepolsterten Köcher ausgeliefert, der sich als nützlich erweisen kann, wenn keine Fototasche bzw. -koffer zum Einsatz kommen. Mit dabei sind bei allen Objektiven Sonnenblenden.

Die tief ins Gehäuse eingelassenen Linsenöffnungen des Makrospezialistentrios machen den Einsatz der Sonnenblenden allerdings kaum notwendig. Nachteilig an dieser Konstruktion ist allerdings, dass bei ganz nahen Motiven ein waagerechter Winkel verunmöglicht wird. Hier sind die Nahlinsenlösung auf dem Kitobjektiv bzw. das Sigma 70-300 im Vorteil.

 

Ergänzend noch eine Anmerkung zur Nutzung der Objektive im Autofokusbetrieb:
Bei meiner Praxis im Makrobereich fielen mir kaum Unterschiede bezüglich der Autofokussierproblematik auf. Die Motorengeräusche hielten sich generell in Grenzen; wenn auch das Canon vielleicht etwas angenehmer surrte und das Sigma 50mm mal etwas ins Stottern geriet. Generell lag die Trefferquote sämtlicher Objektive etwa gleichauf, entweder sie trafen bei entsprechend guten Lichtverhältnissen alle oder schlugen eben komplett fehl. Es dürfte sicherlich möglich sein, hier in Grenzbereichen Unterschiede herauszuarbeiten, in der konkreten Fotopraxis kam es jedoch zu keinerlei gravierenden Abweichungen. Bei bewegten Motiven steuerte der Autofokus auch über alle Objektive gleichermassen und zuverlässig nach; signifikante Unterschiede waren hier ebenfalls nicht auszumachen.

Bei sehr grossem Abbildungsmasstab empfiehlt es sich, möglichst auf den Autofokusbetrieb umzuschalten, denn die sehr geringe Schärfentiefe kann das Auge schon einmal täuschen. Jedenfalls hab ich mir durch den manuellen Fokus einmal eine ganze Session verdorben, was beim Autofokusbetrieb nicht vorkam.

5. Fazit

Das Tamron-Objektiv hätte absoluter Spitzenreiter werden können, wäre da nicht die Schwäche im 1:1-Nahbereich; in fast allen übrigen Bereichen setzt es sich deutlich in Front . Die besten Ergebnisse im extremen Nahbereich erzielt an der 300d jedoch das Sigma 50mm Makroobjektiv. Diese Nahgrenze wird hier allerdings bei etwa 3 cm Motiv-Objektivabstand erreicht - nicht alle Motive dürften sich diesen geringen Abstand gefallen lassen. Wenn das Sigma auch im Schärfentiefenbereich etwas schwächelt und mir persönlich die Gummierung nicht zusagte, angesichts des verhältnismässig günstigen Preises ist es durchaus eine Empfehlung.

Canon's 50mm Makro-Objektiv bringt es in den getesteten Bereichen durchweg zu guten Leistungen, reicht jedoch als teuerster Vertreter nicht in den extremen Nahbereich hinein. Die Nahlinsenlösung scheint mir in Verbindung mit dem 18-55mm-Kitobjektiv eine preiswerte und sehr flexible Alternative zu sein, gerade auch in Verbindung mit einem Zoomobjekiv. Wer nicht in den 1:1 Nahbereich vordringen muss oder will, für den kann diese Kombination eine gute Lösung sein, da sich die Abbildungsqualität durchaus mit den Makrospezialisten messen lassen kann. Als weiteren Vorteil nutze ich die Linsen als Superlupe, um die Motive losgekoppelt von der Kamera voruntersuchen zu können. 
Das Sigma 70-300 als reine Makrolösung dürfte nicht kaufentscheidend für dieses preisgünstige Objektiv sein, die Nahgrenze von 95 cm erschwert einen echten Kontakt zum Motiv; wenn dies auch in manchen Situation z.B. bei extrem scheuen Insekten Vorteile bringen kann.

Schlussendlich möchte ich mich bei der Firma Lagu Fotodiscount bedanken, die ich anschrieb, weil sie derzeit mit € 361 offenbar deutschlandweit günstigster Anbieter für das Tamron-Objektiv sind. Sie stellten mir völlig unbürokratisch das Objektiv zum Test zur Verfügung (hier der direkte Link zum Tamron SP 2,8/90 Macro).

Weiterhin fand dieser Test die freundliche Unterstützung von Afa-Fotohandel, die ebenfalls als günstigster Anbieter das Sigma 70-300 APO II zur Verfügung stellten. Dort ist das Objektiv für € 199 erhältlich (hier der direkte Link zum Sigma 70-300 APO II) und neuerdings auch das Tamron SP 2,8/90 Macro zu einem verbesserten Preis von € 355

Sollten Sie einen günstigeren Anbieter dieser oder der oben genannten Objektive finden, dann wäre ich für eine kurze Info sehr dankbar: stefan@traumflieger.de

6. Update und weiterführende Links

Der Test ist nur eine Zwischenaufnahme, Bereiche wie Vignettierung, Randschärfe und wie die Praxis ohne Stativ aussieht sind noch ausstehende Themen. Weitere Punkte, wie Zwischenringe, Umkehradapter oder wie gut z.B. das Sigma 105 im Vergleich zum Tamron 90 abschneidet, sind ebenfalls noch zu klärende Fragen. Auch die 180'er Klasse im gehobenen Preissegment wartet auf eine Analyse.

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Ein ausführlicher Testbericht zu diesen und weiteren Makroobjektiven:
http://www.orchideen-kartierung.de/Macro100.html

Eine ungewöhnliche Lösung - der Umkehradapter:
http://www.anju.de/fototechnik/objektive/novoflexeosretro.html

generelle Praxis-Tipps zur 300d finden Sie hier:
http://www.traumflieger.de/desktop/fototechnik_300d_tipps.php
 
Objektivübersicht: was passt zur 300d, was bereitet Probleme und was kostet der Spass ?
http://www.traumflieger.de/desktop/objektive/300d_zoomtest.php#start


Haben Sie Tipps, Anregungen Fragen oder Kritik ? Schreiben Sie mir : stefan@traumflieger.de