Traumflieger-Test:
so praxistauglich sind Fischaugen bei Nacht
ein Report von Stefan Gross

Nachtaufnahmen stellen vor allem Fischaugen-Objektive vor besondere Herausforderungen. Direkte Lichtquellen werden aufgrund des grossen Bildwinkels häufig mit aufgenommen. Dabei werden Lensflares und Geisterbilder viel auffälliger als bei Tageslicht weil sie sich u.a. vor dunklem Hintergrund deutlicher absetzen und dann störender als bei Tageslichtaufnahmen wirken. Wir haben 6 Fischaugen auf ihre Nachttauglichkeit getestet und stellen ihre Qualitäten insbesondere anhand von Kugelpanoramen vor.

Bei meinem ersten Nacht-Panorama mit dem Fischaugen-Zoom Canon 8-15mm/4,0 bin ich unangenehm überrascht. Zahlreiche Linsenflecken aber auch streifige, jetartige Linien um Strassenlaternen wirken skurril vor allem aber störend und bereiten Verrechnungsprobleme beim Kugelpanorama. Überraschend deshalb, weil am Canon-Fischaugenzoom die Anfälligkeit für Linsenflecken im Rahmen des Objektivtests für gering befunden wurde.

Wie rechts zu sehen, mache ich aus der Not eine Tugend und baue die Lensflares und Jetstreams einfach als Bildfeature in die Planeten-Entwicklung des Kugelpanoramas ein (Planetenentwicklung lässt sich z.B. mit PTGui aber auch mit der Freeware Hugin durchführen).

Allerdings wäre es prinzipiell überzeugender, wenn sich das Fischauge spurenfreier einsetzen liesse. Offenbar sind 8mm mit weit am Rand platzierter Lichtquelle ein im Objetivtest nicht untersuchtes Problem, das allerdings bei Nachtaufnahmen garnichtmal selten anzutreffen ist. Ein weiterer Faktor stellt die Aufhellung durch HDR-Techniken dar, die auch Linsenflecken stärker hervortreten lassen.

Ist das Canon 8-15mm/4,0 damit grundsätzlich untauglich für Nachtpanoramen und wenn ja, welches Fischauge bietet bessere Ergebnisse? Nachfolgend finden Sie eine Untersuchung von 6 verschiedenen Fischaugen an drei Kameras. Um eine vergleichbare Brennweitenreferenz zu nutzen, wurden als Basis 13 - 16mm (nach Kleinbild) gewählt. Die EOS 5D Mark II wird daher mit dem Canon 8-15mm bei 15mm und dem Sigma 15mm/2,8 untersucht, die EOS 50D als APS-C-DSLR mit dem Walimex 8mm/3,5 (entspricht rund 13mm) und dem Tokina 10-17mm bei 10mm (=16mm) sowie die spiegellose Systemkamera Panasonic Lumix GH-2 mit dem Fisheye 8mm/3,5 (=16mm) und Walimex 7,5mm/3,5 (=15mm) getestet.

DEMO: Fischaugen bei Nacht in Kugelpanoramen

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Optische Bildfehler bei Nacht

Bevor die Ergebnisse zu den Fischaugen modellbezogen besprochen werden, zunächst ein kurzer Überblick über   grundlegende optische Bildfehler, die bei Nachtaufnahmen besonders auffällig werden.

Geisterbilder

Geisterbilder entstehen durch Spiegelung am Sensordeckglas, an dem eine helle, meist aussermittig platzierte Lichtquelle reflektiert und an der Rücklinse des Objektivs gespiegelt wieder auf den Sensor zurückgeworfen wird. Bislang sind die Bemühungen um Problemlösung seitens der Hersteller nicht besonders erfolgreich.

Canon versucht Geisterbilder an einigen L-Objektiven durch das Subwavelenght Coating mittels Nanostrukturen (Minidots) unterhalb der Lichtwellenlänge zu vermeiden, erzielt damit aber offenbar keine nennenswerte Wirkung. Sigma spricht pauschal von "digitaltauglich" und weist mit einem entsprechenden "DG"- bzw. auch "DC"-Kürzel auf optische Vergütungen hin, die reflexive Geisterbilder eliminieren sollen. Das gelingt zumindest nicht in jedem Fall vollständig, wie unten noch gezeigt wird.

Lensflares

Linsenflecken werden auch tagsüber auffällig, wenn eine seitliche Lichtquelle direkt einstrahlt. Sie äussern sich in farbigen, oft roten oder grünlichen Kreisen, können aber auch flächig ausfallen und teils abstrakte Formen annehmen, wie man sie in mancher Laserlicht-Show oder durch Stroboskop in Diskotheken künstlich erzeugt. Sie werden durch vagabundierendes Licht innerhalb des Objektivs erzeugt und werden teils auch bewusst eingesetzt, um eine Szene lebendiger zu gestalten. Einige Panorama-Programme wie Pano2VR, Autopano bzw. Krpano bieten sie als nachträgliche, künstlich erzeugte Option an, um sie z.B. in Kugelpanoramen nachträglich anzuwenden. Treten insbesondere bei Nachtaufnahmen zuviele oder zu stark ausgeprägte Linsenflecken auf, kann die Bildqualität allerdings deutlich darunter leiden.

Jetstreams

Jetstreams zeigen sich in seitlich ausbrechenden Einzelstrahlen und treten besonders ausgeprägt auf, wenn die Lichtquelle so gerade eben ausserhalb des Sichtfeldes der langen Bildkante steht. Grund ist der Lichtschacht für die Autofokussensoren, die an DSLR unterhalb der Profiklasse keine Blende aufweisen und die noch seitliches Licht auf den Bildsensor einreflektieren. Canon DSLR der 1D-Klasse öffnen den Lichtschacht hingegen nur, wenn der Schwingspiegel heruntergeklappt ist und somit der Lichtweg für den Hinterspiegel zu den Autofokussensoren frei wird. D.h. es treten keine Jetstreams auf, weil im Moment der Belichtung mit hochgeklapptem Schwingspiegel der Autofokus-Lichtschacht geschlossen ist. Bei Canon DSLR unterhalb der 1D-Klasse bleibt der Lichtschacht stets geöffnet und die im Schacht sitzenden Fokussierlinsen spiegeln Lichtquellen auf den Bildsensor an der langen Kante des 3:2-Formats, da die Objektive stets kreisförmig ausleuchten und so die spiegelnden Linsen im Schacht noch erreichen.

der Jetstream verstärkt sich, sobald die Lichtquelle den Abschnitt verlässt. Schuld sind Lichtschächte wie links ohne Abdeckung. Rechts (1D) sind Jetsstreams kein Thema.


Umbrella Stripes

Besonders bei Fischaugen-Objektiven treten manchmal feine Streifen um Lichtquellen auf, die sich schirmartig aufspannen. Erzeugt werden sie durch den Kantenschliff der Blendenlamellen, selbst wenn die Blende voll geöffnet ist. Problematisch werden sie insbesondere bei Verrechnung zu einem Panorama, wenn sie sich weit ausdehen und seitlich hart gekappt werden. Der nächste Bildabschnitt bietet keine Anschlusstrukturen und erzeugt daher im Panorama einen harten Schnitt. Zu sehen sind stark ausgeprägte Stripes auch in der Google Streetview, wenn die Sonne mit aufgenommen wurde.

weitere Phänome

Es gibt noch zahlreiche weitere Lichtphänome wie etwa ufoähnliche Strukturen an punktuellen Lichtquellen wie Sternen, die am Randbereich hauptsächlich an lichtstarken Objektiven auftreten. Hier sind sphärische Abberationen der Linsen Ursache (zu sehen z.B. im Test zum Canon 24mm/1,4 II)

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Fischaugen-Einzelwertung für Nachtaufnahmen

 

Canon 8-15mm/4,0L Fisheye

Wie oben in der Kugelpanorama-Demo gezeigt, sind die Bildfehler bei 15mm relativ gering ausgeprägt. Sieht man genauer hin, kann man ein Geisterbild erkennen und auch feine Linien (Umbrella Stripes) bzw. Jetstreams sind ansatzweise erkennbar. Anders sieht es jedoch in den kleineren Brennweiten aus. Hier habe ich etwa in 50% der Nachtaufnahmen gravierende Bildfehler durch ausgeprägte Lensflares, Stripes aber auch ausgewaschen wirkende Lichtquellen hinnehmen müssen.

Tipp: bei Nachtaufnahmen 15mm (nach Kleinbild) verwenden, um die Fehlerquellen möglichst gering zu halten. Hinsichtlich der Auflösung ist das Canon 8-15mm spitze, man kann bedenkenlos schon mit Offenblende operieren. Auch Farbsäume (chromatische Abberationen) sind nur gering ausgeprägt.

Mehr zum Objektiv erfahren Sie hier.

 

Sigma 15mm/2,8 EX DG Fisheye

Das Sigma zeigt sich ähnlich artefaktefrei, wie das Canon 8-15mm bei 15mm. Allerdings sind partiell etwas stärkere Linsenflecken auszumachen. Dafür sind Jetstreams und Stripes etwas geringer ausgeprägt. Geisterbilder sind zwar gering aber auch zu erkennen. Die Auflösung ist ähnlich hoch wie am Canon 8-15mm allerdings stellt das Sigma mit f2,8 eine ganze Blendenstufe mehr Lichtleistung zur Verfügung. D.h. man kann nachts die Belichtungszeiten halbieren, was sich noch positiver auswirkt, wenn Belichtungsreihen für HDR-Verrechnungen genutzt werden. Da der Nodalpunkt weiter hinten liegt und die Baulänge kürzer als am Canon 8-15mm ist, kann man auch mit kürzeren Schienen an VR-Systemen (Nodalpunkt-Adaptern) arbeiten. Das wirkt sich insgesamt stabilisierend aus, da der Gewichtsmittelpunkt näher am Zentrum der Drehachsen liegt.

Chromatische Abberationen sind noch relativ gering ausgeprägt, spielen bei Nachtaufnahmen aber eine untergeordnete Rolle (Kontrastkanten treten kaum auf). Für Nachtaufnahmen ist das Sigma voll tauglich; ggf. einzelne Lensflare wegstempeln.

 

Tokina 10-17mm/3,5-4,5 AF DX Fisheye

Das Tokina haben wir bei 10mm an einer 50D untersucht (entspricht rund 16mm Kleinbild). Wie in der Kugelpanorama-Demo zu sehen, zeigt es schon einige Linsenflecken, derer man sich ggf. noch per Stempelfunktion entledigen kann. Insgesamt scheint es aber für Nachtaufnahmen noch gut verträglich zu sein. Auch die Stripes um Lichtquellen wirken recht harmonisch und sind nicht zu stark ausgedehnt.

Chromatische Abberationen sind allerdings recht ausgeprägt, können jedoch durch entsprechende Bildkorrekturen reduziert werden (z.B. in Adobe Lightroom Objektivkorrektur). Die Auflösung ist bereits bei Offenblende hoch und damit sind relativ kurze Belichtungszeiten mit f3,5 auch Nachts erreichbar.

Ingesamt liegt das Tokina bildqualitativ und im Nachteinsatz etwas hinter dem Sigma 15mm bzw. Canon 8-15mm, ist dafür jedoch günstiger zu haben. Vollformat-Fotografen entledigen sich der fest verbauten Streulichtblende durch eine Rasur und nutzen es dann gerne mit 12mm z.B. an einer 5D Mark II, 1Ds bzw. 1Dx.

Das Tokina-Fischauge finden Sie mit weiteren Testbildern hier im Traumflieger-Shop.

 

Walimex 8mm/3,5 Fisheye - baugleich zu Samyang

Das Walimex wirkt bei Nachtaufnahmen etwas unausgewogen. Lichtquellen zerfasern bzw. zeigen sich inhomogen. Stripes sind recht stark ausgeprägt während sich die Anzahl der Linsenflecken etwa auf dem Niveau des Tokin 10-17mm bewegen. D.h. man muss schon mit einigen Lensflares rechnen.

Die Auflösungleistung ist bei Offenblende nicht gerade umwerfend, hier empfiehlt es sich, weiter abzublenden. Chromatische Abberationen sind im Randbereich recht deutlich ausgeprägt, hier sollte man ggf. noch eine enstprechende Bereinigung vornehmen (z.B. Objektivkorrektur in Lightroom oder Photoshop).

Insgesamt scheint uns das Walimex für Nachtaufnahmen grenzwertig wird allerdings auch kostengünstig für unter 300 Euro angeboten. Dass es keinen Autofokusbetrieb unterstützt, dürfte für Nachtaufnahmen unerheblich sein, da man hier regelmässig mit der sogenannten Hyperfokaldistanz und manuellem Schärfebetrieb arbeitet. Durch den eingeschränkten Leuchtkreis eignet es sich für APS-C-DSLR und nicht für Vollformat-Sensoren.

Das Walimex-8mm-Fischauge finden Sie mit weiteren Testbildern hier im Traumflieger-Shop.

 

Panasonic Lumix G 8mm/3,5 Fisheye

Wie oben gezeigt, sind recht starke Linsenflecken um Lichtquellen auszumachen. Ausgeprägt ist auch die Farbintensität der Flecken. Hinzu kommen Umbrella Stripes und auch partiell ausfasernde Lichter. Für Nachtaufnahmen scheint uns das Lumix G-Fischauge nur bedingt tauglich, man muss schon Lensflares als Lichteffekt lieben, um sich mit dem Fischauge Nachts anfreunden zu können. Die Auflösung ist hingegen auf sehr hohem Niveau angesiedelt und daher können kurze Belichtungszeiten mit Offenblende praktisch verlustfrei nachts genutzt werden.

Chromatische Abberationen werden per Standard in Adobe Programmen herausgerechnet. Durch diesen Trick (Kooperation mit Adobe) scheint das Fischauge fast farbsaumfrei, man kann aber auch andere Fischaugen analog durch manuelle Korrekturen auf den gleichen Level bringen.

An einer Panasonic bzw. Olympus im Mikro 4/3-Standard ergeben sich durch den zweifachen Verlängerungsfaktor auf Kleinbild bezogen 16mm.

Weitere Infos zum Panasonic Fischauge finden Sie hier im Objektivberater.

 

Walimex 7,5mm/3,5 Fischeye für Mikro 4/3

Ähnlich wie das vorgenannte Lumix 8mm-Fischauge zeigt auch das Walimex stark ausgeprägte Linsenflecken und noch deutlichere Stripes. Für Nachtaufnahmen mit direkten Lichtquellen scheint uns das Fischauge daher kaum mehr brauchbar. Die Auflösung ist allerdings schon bei Offenblende sehr hoch und erreicht das mehr als doppelt so teure Panasonic-Fischauge. Daher ist die Blende f3,5 voll einsatzfähig. Chromatische Abberationen sind auszumachen, können jedoch noch durch entsprechende Bildbearbeitungsfunktionen reduziert werden.

Ingesamt ist das Walimex ein günstiges Fischauge, das wir jedoch eher für Tageslichteinsatz oder Nachtlandschaften ohne Kunstlichtquellen empfehlen.  Weitere Infos und Testbilder zum Walimex finden Sie hier im Traumflieger-Shop.

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  Leserkommentare:


Derzeit sind hier 7 Kommentare vorhanden:
 

Matthias: Hallo Vielleicht kann mir jemand sagen ob die ESO5MK3 vielleicht Lichtschächte mit Abdeckungen besitzt?

Vielen Dank,
Matthias
(04.09.2012, 14:59 Uhr)

Bettina: Moin Stefan,
danke für den wie immer sehr informativen Report!
Wie sähe es wohl für das Sigma 8mm/4 EX DG Fisheye aus (= Vorgänger vom aktuellen f3.5er)?
Grüßle
von der Bettina.
(29.07.2012, 12:22 Uhr)

Stefan_tf: Hallo Wolfgang,
leider haben wir keine Erfahrung zum Canon 15mm/2,8 Fisheye zu Lensflares. Kann gut sein, dass es sich etwa auf dem Niveau des Sigma 15mm/2,8 bewegt (das hier ja sehr gut abschneidet).

grüsse
Stefan
(31.01.2012, 12:27 Uhr)

Wolfgang: Servus Stefan,
wieder einmal ein sehr interessanter Test, den man sonst nirgends findet. Habt ihr auch Erfahrung mit dem älteren Canon 2.8/15mm Fisheye an der 5DMk2 gemacht? Das wurde mir nämlich gerade wegen geringer Lensflares empfohlen, ich habe es aber noch nicht in der Nacht ausprobiert.
(31.01.2012, 12:24 Uhr)

Reiner: Hallo, wirklich super Objektivtest!
Ich benütze das Tokina, seit der Rasur sind die Bildfehler noch etwas stärker, ansonsten bin ich voll zufrieden!
(07.01.2012, 05:20 Uhr)

chesky: Hallo Stefan, ein sehr informativer und auf das Wesentliche komprinierter Test ist das geworden. Da ich selbst nächtliche Sternenfeldaufnahmen mit dem EF 14/2.8 L mache, kenne ich einige der angesprochenen Bildartefakte, auch wenn sie bei meinem Objektiv weniger stark ausfallen. Danke für Deine feine Arbeit!
(01.01.2012, 12:19 Uhr)

Heimo Wolf: Interessanter Test und vor allem interessante Bilder-(effekte). Über den seit grob Juli angekündigten Test der Eos 1100D hätte ich mich allerdings mehr gefreut.
(30.11.2011, 11:00 Uhr)

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