Kaum einer Canon DSLR wurde so
entgegengefiebert wie der neuen 5D Mark III. Canon läutet endlich mit der
heissersehnten dritten 5D-Generation den DSLR-Frühling ein.
Mehr Geschwindigkeit, hohe ISO-Werte bis 102.400 sowie ein professionelles Autofokussystem
sind Ergebnis der dreieinhalbjährigen Entwicklungszeit. Im griffigen
Gehäuse stecken aber auch HDR-Funktionen und ein verbesserter Videomodus.
Doch wie gut funktioniert die neue Vollformat-DSLR mit 22 Megapixel-Sensor
in der Praxis? Wir haben näher hingesehen. 04/2012
Vorab gibts gleich den Preisdämpfer mit einer
saftigen UVP von 3.299
Euro. Canon hängt damit die Mark 3 ein ganzes Stückchen höher als noch den
Vorgänger, der zur Markteinführung immerhin einen Tausender weniger kostete. Und
damit zum Welterfolg im Vollformat avanciert ist. Ob das Publikum dem
hochpreisigen Nachfolger aber gewogen bleibt? Auch für Profis stellt sich die
Frage, ob die Mark 3 den Preis rechtfertigt und für den rauen Alltagseinsatz ggf.
als 1D-Alternative taugt.
Mit 22 Megapixel bewegt sich der Bildsensor
in gewohnten Regionen. Damit bleiben die Pixel
gross genug und verheissen
eine exzellente Bildqualität. Vor allem aber die modernisierte Ausstattung
klingt verlockend.
Neues im Überblick
Vollformat-DSLR im
Vergleich (jeweils letztes
Modell des Herstellers Stand 20.4.12)
EOS 5D
Mark III
Nikon D800
Sony A850
UVP €3.299
€2.899
€1.999
Markteinf. März 2012
März 2012
Okt. 2009
22,1 Megapixel
36,3 Megapixel
24,6 MPixel
ISO 50 - 102.400 (max)
50 - 25.600
100 - 6.400
6 Bilder/Sek.
4 B/Sek. (FX)
3 B/Sek.
61 AF-Felder (41 Kreuzs.)
51 (15 Kreuz)
9 (1 Kreuzs.)
Sucher 100%/0,71
100%/0,7
98%/0,74
Monitor 1.040k/3,2''
921k/3,2''
921k/3''
1080p Full-HD-Movie
1080p Full-HD-Movie
kein Movie
Canon macht mit dem 5D-Upgrade auf die Mark III
einen noch grösseren Schritt als seinerzeit von der 50D zur 7D. Die
Überarbeitung fällt so umfassend aus, dass man auch hier durchaus eine neue Klasse
- etwa als 5Dx oder 3D - hätte ausrufen können.
Nicht mit Pauken und Trompeten wie am Vorgänger
sondern durch eine Unzahl von kleineren Modernisierungen levelt Canon die
Mark 3 hoch. Während diesmal der Erzrivale Nikon mit der D800 die (36-)
Megapixelkrone an sich reisst, findet die Canon-Gemeinde eine schnellere
Vollformat-DSLR mit gesteigerten ISO-Werten vor.
Die 5D Mark 3 scheint
nicht den grossen Sprung wie am Vorgänger mit der seinerzeit neu
eingeführten Full-HD-Videofunktion zu machen, streckt sich aber gewaltig.
Zugpferd ist ein professionelles Autofokussystem und modernisierter
Videomodus. Es sind jedoch auch die vielen Detailoptimierungen, mit denen
die Mark 3 erfrischend forsch auftritt und mehr Komfort in Aussicht
stellt.
Die renovierte Fassade zeigt sich mit einem etwas höher auflösenden und
vergrösserten Kameramonitor,
aber auch durch ein ergonomisch optimiertes Gehäuse mit mehrfach belegbaren Funktionsstasten, zweitem Kartenfach,
sowie verbesserten Tasten- und Schaltersicherungen. 7D-Anwender kennen
schon einige dieser funktionalen Optimierungen. Überarbeitet
ist auch der Sucher mit gesteigerter 100%-Sicht
sowie neuer LCD-Mattscheibe mit einblendbarer Ausrichthilfe
(Gitter, Wasserwaage). Neu ist die kamerainterne Korrektur chromatischer
Abberationen, RAW-Entwicklung aber auch HDR-Funktionen und eine
aufgebohrte Belichtungskorrektur von zwei auf fünf Stufen.
Um nur ein paar weitere Schlaglichter zu nennen: Mit zwei neuen Silentmodi, Sterne-Bewertung und
Direktzugriffstaste auf den Schnelleinstellbildschirm aber auch durch
neues
Systemzubehör mit WLAN-Transmitter, GPS-Gerät und
Interface-Schnittstellen zum neuen 600'er Speedlite treibt die Mark 3 neue
Blüten. Erfreulich, dass die Kompatibliltät nicht auf der Strecke bleibt,
denn der Akku passt nicht nur zum Vorgänger sondern auch zur 60D und 7D.
Wer ein
Schwenkdisplay an der 5D Mark 3 vermisst, kann dies auch per Handy
incl. Touchscreen nachrüsten. Wie das funktioniert, besprechen wir
im Report "Android-Handy
an der Canon DSLR"!
Auf den ersten Blick fällt die grössere Augenmuschel auf, die jetzt fester
arretiert und mehr Nasenabstand bietet. Der ebenfalls von der 7D
übernommene, neue Livebild/Videoumschalter spart einem jetzt auch an der
Mark III den bisher nervigen Gang
ins Menü und bietet mehr Transparenz durch einen eigenen
Start-Stopp-Taster. Ähnliches gilt für die neue Q-Taste zum Aufruf
des Schnelleinstellbildschirm. Am Vorgänger liess er sich
etwas weniger zugänglich nur via mittigem Druck auf den Multicontroller
aufrufen.
Neue Tasten
Ungewohnte Tasten links vom Monitor: oben für Picturestyle/Direktbildvergleich. Darunter die Rate-Taste und die neue Zoomtaste!
Konzeptionell von der EOS 7D übernommen bietet auch die 5D III den
praktischen Livebild/Video-Umschalter, Q-Taste und eine grössere
Augenmuschel.
Einige Tasten wurden auch verbessert, Beschriftungen stehen teils direkt
drauf und nicht mehr daneben; die ISO-Taste hat einen kleinen Pin
bekommen, um sie noch zielsicherer auch beim Blick durch den Sucher zu
treffen.
Das Daumenrad ist jetzt zusätzlich
touchsensitiv und kann so z.B. den Audiopegel geräuschlos im laufenden
Videobetrieb verändern. Neu ist auch die jetzt vom Einschalter entkoppelte Lockfunktion, die
neben Daumenrad neuerdings auch den Joystick oder das Hauptwahlrad vor
ungewollten Änderungen schützen kann. Wohl wegen Platzmangels ist der Einschalter
linksseitig direkt unterm
Programmwahlrad zu finden. Letzteres ist - wie schon an der 60D - via mittiger Taste
gegen versehentliche Programmänderung gesichert und muss beim
Programmwechsel niedergedrückt werden. Man dürfte sich daran sicherlich
schnell gewöhnen.
Neues beim Bildzoom
Bildzoom per Lupentaste ist natürlich weiterhin möglich, auch wenn die
Minus-Lupentaste fehlt. Funktional bleibt es in der Liveview dabei, dass
der Vergrösserungs-Loop per wiederholtem Tastendruck von 1x/5x/10x
durchgesteppt wird. Nur in der Bildwiedergabe muss das Hauptwahlrad
dazugenommen werden, da hier mehr Zoomschritte angeboten werden.
die Funktionstasten oben beim LCD-Display sind verbreitert und die ISO-Taste hat einen kleinen Tastpin spendiert bekommen. In
Nähe des Auslösers findet sich die neue Mfn.-Taste, mit der z.B. Autofokusfeldgruppierungen angesteuert oder die Wasserwaage im Sucher angezeigt wird.
Optional
kann man auch in der Bildwiedergabe sofort via Menüfunktion direkt auf
100%-Ansicht wechseln. Ob man
die jetzt linksseitig platzierte Lupentaste im Eifer des Gefechts
allerdings so schnell wie am Vorgänger findet (wo sie noch rechts
oben einfach mit dem Daumen erreichbar war), darf bezweifelt werden.
Gewöhnungsbedürftig dürfte auch die jetzt notwendige Zuhilfenahme der zweiten
Hand zum Zoomen sein. Immerhin lässt sich über die Custom-Steuerung die
Zoomfunktion auf die Set-Taste legen.
Begrüssenswert ist allerdings, dass die 5D³ beim eingezoomten Scrollen in
der Bildwiedergabe die Auflösung herabsetzt und so rund die doppelte
Geschwindgkeit des Vorgängers erreicht. Beim Scrollen in der Liveview
bleibt es aber bei der normalen Auflösung und hier braucht sowohl die 5D³
als auch der Vorgänger gleichermassen rund 7,5 Sek., um den jeweils
entferntesten Punkt anzusteuern.
neue Rate- und Mfn-Taste
In der linken Button-Zeile ist effektiv nur die Rate-Taste hinzugekommen,
mit der sich Bilder von 1 - 5 Sterne bewerten lassen. Nützlich, um per
Playtaste oder nachträglich im RAW-Konverter schnell favorisierte
Aufnahmen wiederzufinden. Auch
Panoramafotografen können profitieren und
jede neue Rundumsicht anstelle eines Dunkelbildes per Rate markieren
und damit klarer für das Stitching zu trennen.
Die 5D Mark III bietet jetzt auch eine schon an der 7D verbaute
Multifunktions-Taste (Mfn) in Nähe des Auslösers. Damit wird etwa die
Digital-Wasserwaage im Sucher angezeigt oder verschiedene
Autofokus-Feldmodi durchgesteppt. Auf der Vorderseite zeigt sich
eine vergrösserte Abblendtaste, die jetzt die Seite nach rechts gewechselt
hat. Damit ist sie einhändig bedienbar und kann neuerdings auch mit
anderen Funktionen - etwa dem schnellen Wechsel
zwischen der Autofokusbetriebsart OneShot und Ai-Servo - belegt werden. An
der 5D³ kann hier auch das Bildformat entweder einmalig oder dauerhaft
z.B. von JPEG auf RAW gewechselt werden. Canon spart sich damit die
separate "JPEG-RAW"-Taste, wie sie an der 7D zu finden ist.
Speicherkarten und Buchsen
Die 5D III bietet einen zweiten Einschub für SD-Karten, den man
für Sicherungszwecke, als Kapazitätserweiterung aber auch kabellos mit Eyefi-Karten per WLAN betreiben kann!
Ein zweites Speicherkartenfach für SD-Karten ist schon an 1D-Modellen
verbaut, an der 5D jedoch ein Novum. Offenbar hat Canon auch Eyefi-Karten
im Sinn, mit der kabellose Bilddatenübertragung zum Computer möglich sind
ohne auf den teuren WLAN-Transmitter zurückzugreifen - auch wenn die
Datenübertragung dann etwas langsamer von statten geht. Sicherlich wäre ein zweites CF-Kartenfach
allein für Datensicherungszwecke manchem Anwender lieber gewesen aber
vielleicht fehlte schlichtweg der Platz bzw. Canon wollte ggf. auch eine
bewusste Abgrenzung zur teureren 1Dx realisieren.
Sind zwei Karten eingelegt, bietet die 5D³ via Schnelleinstellbildschirm
oder Menü die Wahl, per Standard automatisch die Speicherkarte zu
wechseln, sobald die Kapazität erschöpft ist. Man kann auch parallel auf
einer Karte nur RAWs und auf der zweiten JPEG-Bilder sichern oder beide
Karten dasselbe Bildformat parallel aufzeichnen lassen und damit eine
automatische Datensicherung durchführen. Man kann auch später Dateien noch
via Menüfunktion einzeln, ordernerweise und auch komplett auf die jeweils
andere Speicherkarte kopieren.
Um der neuen Kopfhörer-Eingangsbuchse für die Live-Audiokontrolle im
Videobetrieb Platz zu verschaffen, hat Canon den vormals separaten
AV-Ausgang mit der USB-Buchse kombiniert und legt ein entsprechendes
Adapterkabel bei. Das kann bei manchem externen Monitor zu etwas mehr
Kabelsalat führen, denn nicht alle Geräte können schon auf den moderneren
HDMI-Ausgang zurückgreifen. Ansonsten bleibt es bei den gewohnten
Schnittstellen.
Wetterschutz
Canon spricht davon, dass Taster, Wahlräder und Spalten mit Abdichtungen
versehen sind und das Abdichtungsniveau der in den 1990'er-Jahren
verbreiteten Profikamera EOS 1-N entsprechen würde. Noch beim Vorgänger
heisst es im WhitePaper, dass sie dieses EOS 1-N-Niveau "fast" erreicht
habe. Das kleine Wörtchen bietet also Auslegungsspielraum und logisch
interpretiert sollte die Mark III also jetzt besser abgedichtet sein. Das
dürfte allerdings nicht für das Speicherkartenfach oder das Akkufach gelten, denen noch immer
nur Moosgummistreifen zur Dämpfung aber keine besser schützenden
Gummiringe wie an 1D-Modellen spendiert wurden.
Haptik & Design
Optisch kann uns die Mark III wegen gefälligerem, da stärker gerundetem
Shaping und haptisch durch eine tiefere Griffmulde mit besserem Grip
überzeugen. Sie wirkt in sich besser integriert und ähnelt auch hier der
EOS 7D und damit in der Formgebung auch den edlen 1D-Spitzen-Modellen. Gewichtstechnisch incl. Akku ist
die Mark III mit 60 Gramm nur geringfügig
schwerer als der Vorgänger und bringt jetzt 950 Gramm auf die Waage.
Übersicht
(nur Gehäuse, Strasse April 2012)
ca. EUR 3.299
ca. EUR 1.750
ca. EUR 1.250
ca. EUR 6.299
22,1 Mio
6,25 µm
5.760 x 3.840 Pixel
Vollformat 36 x 24mm
Bildproz. DIGIC 5+
21 Mio
6,4 µm
5.616 x 3.744 Pixel
Vollformat 36 x 24mm
Bildproz. DIGIC
IV
17,9 Mio
4,3 µm
5.184 x 3.456 Pixel
APS-C
14,9 x 22,3mm
Bildproz. 2 x DIGIC IV
17,9 Mio
6,95 µm
5.184 x 3.456 Pixel
Vollformat 36 x 24mm
Bildproz. 2 x DIGIC 5+/ 1 x DIGIC IV
6
B/Sek.
18 RAW / 16.270
JPEG (UDMA 7)
3,9 B/Sek.
13 RAW / 310 JPEG
8 B/Sek.
16 RAW / 126
JPEG
12
B/Sek. (bis ISO 16.000, max 14 B/Sek für JPEG ohne AF-Nachführung)
Das RAW-Format bietet gegenüber
JPEG-Aufnahmen zwei wesentliche Vorteile: es ermöglicht feiner
aufgelöste Details und ausgebrannte Lichter oder zu dunkle Bildpartien
können im RAW-Konvertierungsprogramm erheblich besser als im JPEG-Format
rekonstruiert werden.
Nachteile des Rohdatenformats: Es
ist idR 2,5x so speicherintensiv, verbraucht daher nicht nur mehr
Speicherplatz sondern auch mehr AKKU-Power, muss erst noch entwickelt
werden und im Serienbildmodus ist die unverzögerte Erstsequenz reduziert.
Was also tun? Empfehlenswert ist
eine flexible Handhabung. Nutzen Sie bei einmaligen Aufnahmesituationen
das RAW-Format und bei "Allerweltsmotiven" bzw. wiederholbaren Aufnahmen
das JPEG-Format !
Übrigens: Die Kameratests führen wir
auf Traumflieger.de im RAW-Format durch. Tests im JPEG-Format werden u.E.
den Kameras nicht gerecht und taugen nur als ergänzende Information
(testet Ihre bevorzugte Foto-Fachzeitschrift im RAW-Format ?).