Mit der A7 und A7R bietet Sony ab November 2013 zwei neue, spiegellose Systemkameras an, die über einen Vollformat-Bildsensor verfügen. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 1.499 sowie 2.199 Euro für den jeweiligen Kamerabody.
Neben der Leica M bietet Sony damit als erster Hersteller spiegellose Systemkameras mit Vollformat-Bildsensoren an. Der 23,9 x 35,8mm Bildsensor nutzt an der A7 24,3 Megapixel während die A7R ganze 36,4 Megapixel offeriert. Letztere verzichtet sogar auf einen Antialiasing-Filter, um die Auflösung zu steigern, muss deswegen jedoch auf einen phasenbasierten Autofokus verzichten. Die extrem hohe, nominelle Auflösung von 36,4 Megapixel findet sich auch in der Nikon D800E, so dass stark anzunehmen ist, dass es sich jeweils um denselben Sensortyp handelt.
Bis auf die genannten Unterschiede gleichen sich die beiden Modelle A7 und A7R im Wesentlichen. Ausnahmen gibt es allerdings beim Gewicht. Erstere bringt betriebsbereit 474gr und die hochauflösende R-Variante lediglich 465gr auf die Waage. Die A7 ist mit 5 gegenüber 4 Bildern/Sek. auch noch etwas flotter im Serienbildbetrieb unterwegs, da sie mit 24,3 Megapixel die Bilddaten schneller verarbeiten kann.
Die übrige Ausstattung kann sich mit einem um 45Grad nach unten und 90Grad nach oben neigbaren, rund 920.000 Bildpixel auflösenden 3''-Kameramonitor sowie professionelle Bedienelemente nebst abgedichtetem Magnesiumbody sehen lassen. Der elektronische Sucher löst rund 2,3 Megapixel (1.024 x 768) auf und ähnelt stark demjenigen der Olympus OMD EM-1. Er deckt 100% des Gesichtsfeldes ab und bietet einen Vergrösserungsfaktor von 0,71.
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An Bedienelementen finden sich zahlreiche Rändelräder, Direktzugriffstasten nebst Daumenrad. Touchscreenfähigkeiten oder ein im Gehäuse integrierter, sensorbasierter Bildstabilisator werden nicht geboten.
Der Autofokus arbeitet an der A7 sowohl im Phasen- als auch im Kontrastverfahren und nutzt dafür Bildpixel auf dem Bildsensor. Das Phasenverfahren wird für die schnelle Schärfebestimmung und der Kontrast-AF anschliessend für eine noch genauere Scharfstellung genutzt. Die A7R-Version nutzt lediglich das Kontrastverfahren, weil - lt. Aussage des Herstellers - ein Antialiasing-Filter für das Phasenverfahren nötig sei.
Die neuen Sony-Modelle verfügen ausserdem über Full-HD-Videofähigkeiten (1.080p) mit 50 und 24 B/Sek. im mp4-Format. Der Body bietet dabei Anschlussmöglichkeiten für ein externes Mikrofone bzw. für die Audiokontrolle auch einen Stereoklinken-Eingang für einen Kopfhörer. Pegelanzeige für das Audiosignal sowie Fokuspeaking zur vereinfachten Schärfenkontrolle soll ebenfalls bereitstehen.
Angekündigt bis Frühjahr 2014 sind 5 Objektive, die den Bildkreis des 35mm-Bildsensor vollständig ausleuchten und als FE-Objektive bezeichnet werden. Direkt ansetzbar sind ausserdem die E-Mount-Objektive für spiegellose Sony NEX-Modelle, die jedoch nur einen Bildkreis im APS-C-Format bedienen und an der Sony A7/A7R daher zu Vignettierungen führen. Optional kann man sie jedoch via Menüfunktion automatisch beschneiden und mit 10 bzw. 15 Megapixel grossen Bildern gleich einen kamerainternen Zuschnitt durchführen lassen. Objektive mit A-Mount können via optionalem Adapter LA-EA3 oder LA-EA4 genutzt werden. Ersterer bietet jedoch nur für Objektive mit eingebautem Fokusmotor AF-Unterstützung, während der LA-EA4 dank integrierter SLT-Technologie an allen Objektiven den Autofokusbetrieb unterstützen soll.
Mit Verkaufsstart voraussichtlich im November 2013 wird lediglich die Zeiss FE 35mm/2,8 Festbrennweite sowie das ausschliesslich im Set mit der A7 erhältliche 28-70mm/3,5 - 5,6 OSS-Objektiv (Setpreis 1.799 Euro) verfügbar sein. Für Januar 2014 sind dann ein 55mm/1,8 sowie ein Zeiss 24-70mm/4,0 OSS-Objektiv angekündigt. Im Frühjahr 2014 soll auch ein Zeiss 70-200mm/4,0 OSS verfügbar sein.
Traumflieger-Meinung
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Knackpunkt Objektivangebot: Gäbe es eine breite Objektivepalette mit zumindest einigen schlanken Pancake-Objektiven und einer sonstigen guten Auswahl, dann wäre die Sony A7 viel attraktiver. So frage ich mich, wie sich der schlanke Body denn wirklich bezahlt macht, wenn ich nichteinmal mit einem lichtstarken Standardzoom wie etwa im m4/3-Lager mit f2,8 auch wirklich leichtfüssig reisen könnte. Der vergleichsweise günstige Sony-Bodypreis schnellt zudem beim Objektivkauf wieder in die Höhe. Nein, mich überzeugt der Gesamtauftritt der A7 noch nicht vollständig.
Schaut man sich den A7-Body genauer an, gefallen zwar die zahlreichen Rändelrädchen. Aber der Auslöser thront offenbar direkt oben auf dem Body, was mich stark an einfache Kompaktkameras erinnert. Die Bedienung ist dennoch vernünftig, wie ich gerade festgestellt habe. An der A7R werden allerdings nur 1,5 Bilder/Sek. im Serienbildmodus (ohne Auslösepriorität) geboten und der HDR-Modus ist ziemlich dünn. Remotesteuerung per Wifi? Funktioniert incl. Parametersteuerung für ISO/Zeit/Blende/Bel.-Korrektur in den Kreativprogrammen + Touch-AF (auch manueller Fokus), wenn man per InApp die Smart-Remotesteuerung direkt in der Kamera aktualisiert - sehr erfreulich! Will ich mich aber mit den aufgepumpten 65 MB-RAW-Dateien einer A7R durch die Gegend schleppen? Der recht schwache A7-Akku hat jedenfalls damit zu kämpfen und soll nur 270 Aufnahmen (nach CIPA) durchhalten. Da scheint mir die A7 mit dem 24 Megapixel-Sensor insgesamt attraktiver.
Wenns schlank sein soll, bleibe ich derzeit im m4/3-Lager, wo eben auch eine exzellente Bildqualität realisierbar ist. Im Moment hat mich zudem das Olympus OM-D E-M1-Fieber wegen des herausragenden Bodys, riesen Suchers und extrem guten Bildstabilisators gepackt. Und ja, ich nutze auch sehr gerne eine EOS 70D oder Canon Vollformater mit einem erheblich besseren Zubehörangebot nicht nur bei den Objektiven.
Wer allerdings via Adapter mit manuellen Objektiven zu recht kommt und alte Schätze reaktivieren möchte, den könnte die Sony A7/A7R wegen des grossen Bildsensors dennoch sehr reizen! Es gibt auch Adapter, die den dann verlangsamten Autofokus und Bildstabilsator z.B. von adaptierten Canon EF/EF-S-Objektiven unterstützen (z.B. von Metabones). Wir werden die A7 ausgiebig testen und hier auf Traumflieger.de berichten!
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Sieht man von der extrem teuren Leica M ab, bietet Sony als einziger Anbieter einen 35mm-Vollformat-Bildsensor bei spiegellosen Systemkameras an. Der A7-Body ist deutlich kleiner und leichter als jede andere Vollformat-DSLR und kann auch mit einigen neuen FE-Objektiven das geringe Gewicht und Volumen realisieren.
Attraktiv ist ausserdem der sehr moderate Preis für die A7 von 1.499 €, die unterhalb der UVP etwa einer Canon EOS 6D (1.999 €) liegt und die mit einem derzeitigen Strassenpreis knapp unterhalb von 1.600 € noch etwas teurer als die Sony ist. Auch die neue Nikon D610 liegt oberhalb von 1.800 Euro angesiedelt. Vergleicht man die Nikon D800E mit 36,4 Megapixel-Bildsensor mit der nominell identisch auflösenden Sony A7R, dann muss man derzeit für die Nikon rund 2.900 - 3.000 € anlegen und gegenüber der Sony A7R (2.199€ UVP) mit einem Aufpreis von 800 - 900 Euro rechnen.
Der Gripp beim Body ist allerdings an den DSLR besser, weil sie mehr Volumen bieten. Nachdenklich kann auch das etwas dünn aufgestellte Objektivangebot mit lediglich 5 konkret angekündigten Objektiven machen. Die Festbrennweiten bieten keinen Bildstabilisator und die Auswahl ist nicht gerade umwerfend. Makro-, Fischaugen-, sehr lichtstarke Weitwinkel- oder Teleobjektive sind nicht verfügbar oder müssen umständlich via Adapter angepasst werden. Wer die Adapterlösung nutzen möchte, verliert aber wieder einen Gewichts- und Volumenvorteil. Auch das für das erste Quartal 2014 angekündigte 70-200mm/4,0 OSS ist mit 840gr nicht besonders schlank. Zusammengerechnet mit dem betriebsbereiten A7-Body ergibt sich ein Gewicht von rund 1.310gr. Eine 755gr schwere EOS 6D mit dem Canon 70-200mm/4,0L IS USM bringt hingegen mit 1.515gr nicht wesentlich mehr Gewicht auf die Waage. Zudem finden sich im Canon-System z.B. erheblich günstigere Festbrennweiten wie etwa das Canon 50mm/1,8 für rund 100 Euro oder das lichtstarke Canon 50mm/1,4 für derzeit rund 340 Euro.
A7/A7R vs Olympus OM-D E-M1
Vergleicht man die Sony A7 mit der auf ähnlichem Preisniveau liegenden Olympus OMD EM1, so kann erstere zwar mit dem deutlich grösseren Bildsensor und mit mehr Freistell-Potenzial sowie einer zu erwartenden, etwas besseren Bildqualität punkten. Die Sony bietet jedoch - im Gegensatz zur OMD EM1 - keinen eingebauten Bildstabilisator im Body. Ihr fehlt derzeit auch noch ein breit aufgestelltes Objektivangebot. Zudem sind die FE-Objektive für die A7 wegen des grösseren Bildkreises im Schnitt noch deutlich voluminöser und schwerer als im Micro 4/3-Lager. Der A7 fehlen ausserdem Touchfähigkeiten am Kameramonitor, die man aber per Smartgerät immerhin teilweise nachrüsten kann. Vorteile verbucht die Olympus OMD EM1 auch mit der Live-Bulb-Funktion, bei der im Langzeitbelichtungsmodus ein Fotolivebild laufend aktualisiert wird - dies sogar per App-Steuerung am Smartgerät (bis 24 Min lang mit 1min Abstand oder kürzer). Im Unterschied zur Sony kann die OMD EM1 mit dem integrierten Bildstabilsator auch manuelle Objektive bzw. adaptierte Linsen stabilisieren*. Die Olympus EM1 ist zudem straffer abgestimmt, Parameteränderungen werden sofort via Rändelrad umgesetzt, während an der A7 noch eine kleine Verzögerung auch beim Auslösen eine kleine Idee indirekter wirkt. Der elektronische Sucher der Olympus ist zudem besser aufgelöst und störungsfreier bei Schwenks, wenngleich die Auflösung nominell ähnlich ist und beide ein sehr grosses Sichtfenster bereitstellen. Dafür bietet die Sony ein Schwenkpanorama und einen echten ISO 100-Wert. Letzterer ist an der Olympus nur intepoliert, wobei man Dynamik verliert.
*Wir haben z.B. ein via m4/3-Adapter montiertes Canon 70-200mm/4,0L bei 200mm mit 10x-Lupe (entspricht einer optischen Wirkung von 200mm x 10 x 2x-Crop = 4.000mm Brennweite!) hervorragend stabilisieren können und so aus 10m noch Freihand extrem kleine Schriften im elektronischen Sucherbild ablesen können. Die Stabilisierungsmöglichkeiten sind an der EM1 schlicht fantastisch. Damit sind adaptierte, lichtstarke Telebrennweiten im manuellen Fokusbetrieb auch Freihand absolut praktikabel.
A7/A7R vs. Pansonic Lumix
Eine Lumix GH3 bietet hingegen als Vorteil gegenüber der Sony A7 einen voll dreh- und neigbaren Schwenkmonitor mit Touchfähigkeiten (incl. Touchpad beim Sucherblick und Menüunterstützung, was der OMD EM1 fehlt). Bessere Spreizwerte bei der automatischen Belichtungsreihe, noch umfangreichere Videofähigkeiten mit 3 verschiedenen Formaten sowie ausgefeiltere WLAN-Funktionen, da die App "Lumix Link" neben Livebild auch zahlreiche Parametereingriffe sowie den Videostart erlaubt. Das breite Objektivangebot mit derzeit rund 40 Objektiven bietet zudem mehr Flexibilität als bei Sony. Dafür ist an der GH3 der Sucher nicht so gross und hochauflösend und der Bildsensor bietet nominell nur 16 Megapixel, die aber dank eines sehr guten AF-Betriebs und hochauflösender Objektive in der Praxis hervorragende Bildergebnisse ermöglichen. Dies auch dank eines sehr guten Dynamikumfangs beim Einsatz des RAW-Formats. Die GH3 nutzt klammheimlich einen Sony-Bildsensor, wie ihn auch die Olympus OMD EM5 verwendet und der praktisch auf Augenhöhe mit der OMD EM1 oder einer Lumix GX7 liegt.
A7/A7R vs Canon Vollformat DSLR
Vollformat-Modelle wie eine EOS 6D oder EOS 5D Mark 3 haben wie erwähnt ein viel grösseres Objektivangebot, bei dem eben auch leichte und schlanke Objektive verfügbar sind. Bewährt hat sich zudem an den DSLR die Servoleistung an Bewegtmotiven, dessen Effektivität bei spiegellosen Systemkameras zumindest fraglicher erscheint. Eine EOS 6D mit einem 130gr leichten 40mm/2,8 Pancake wiegt z.B. zusammen nur rund 900gr. Die A7 mit dem 35mm/2,8 bringt zwar nur knapp 600gr auf die Waage, kostet aber gegenüber der Canon-Kombination rund 500 Euro mehr. Schaut man ins Detail, wird man an der Sony einen etwas besseren Bildsensor im RAW-Format erwarten können, an der Canon wird man die bessere Haptik zu schätzen wissen, kommt in den Genuss eines optischen Suchers, der unserem natürlichen Blick noch immer am nächsten kommt. Und an der EOS 6D kann man bessere WLAN-Fähigkeiten nutzen, zumindest wenn man sie drahtlos via Smartgerät im Fotomodus steuern möchte. Allerdings hat Sony seine Remote-App gerade upgedated auf Vers. 2 und bietet ebenfalls Parametersteuerung und Touch-AF am Smartgerät, verlangt dafür aber eine (kostenlose) Sony-Kontoanmeldung. Video geht auch an der Sony per Remotesteuerung leider nicht. Die 6D/5D III kann man dafür immerhin mit einer Wifi-Box nachrüsten.
A7/A7R vs APS-C DSLR
Wer ins APS-C-Lager schaut, bekommt z.B. mit einer günstigeren EOS 70D zwar einen geringer auflösenden Bildsensor dafür aber den derzeit besten Livebild- und Videoautofokus mit vollständiger Phasenunterstützung dank Dual-Pixel-Technologie, einen frei dreh- und schwenkbaren Kameramonitor mit Touchfähigkeiten sowie eine ausgefeiltere WLAN-Unterstützung via App, die bei keinem anderen Hersteller derart umfangreich ist (etwa mit der App DSLR Controller).
Vollformat ein Vorteil?
Nicht wenige Kaufinteressierte glauben, dass ein sogenannter "Vollformat-Sensor" mit einer KB-Grösse von 36 x 24mm ganz neue Dimensionen eröffnen würde. Die Vorteile liegen z.B. gegenüber den kleineren Sensoren im APS-C-Format (rund 15 x 22cm) bzw. Micro 4/3 (rund 13 x 17mm) auf der Hand: Die Pixel am Vollformater können grösser ausfallen und mehr Licht sammeln. Damit sind sie normalerweise deutlich rauschärmer. Das gilt jedoch vor allem für Vollformat-Sensoren, die keine allzuhohe Megapixel-Auflösung nutzen. Hier kann man z.B. an einer Canon 6D oder 5D Mark 3 (rund 20 Megapixel) einen Rauschvorteil von rund 1,5 ISO-Stufen realisieren.
Sonys A7R und die Nikon D800 sind jedoch praktisch nicht rauschärmer als APS-C-Modelle. Grund ist die hohe Pixelpackdichte, die mit 36 Megapixel bei 4,8µm kaum grösser als bei Canon APS-C-Modellen (18 Megapixel-Modelle nutzen 4,3µm) ausfallen. Sogar neue m4/3-Modelle wie eine Olympus OM-D E-M1, Pansonic GX7 oder GH-3 mit 3,7µm liegen zu den 36-Megapixel-Vollformatern in hohen ISO-Stufen unter einer ISO-Stufe (rund 1/2 - 2/3) zurück, wenn man sie jeweils bei 100%-Bildschirmansicht vergleicht. Hier gewinnt man - mit entsprechend sehr guten Objektiven - zwar eine höhere Auflösung aber kaum weniger Rauschfreiheit*! Allerdings zeigt die Sony A7 bei unseren Test im RAW-Format beim nachträglichen Aufhellen von Schattenbereichen eine erstaunliche Rauschfreiheit, die wir bislang so noch nicht gesehen haben. Sie ist beim ISO-Basiswert etwa 3 Stufen rauschfreier als Canon Vollformat-DSLR und wenigstens 1,5EV rauschfreier als die aktuellen m4/3-Modelle.
*Die Rechnung kann man auch anders aufmachen: Man verzichtet auf die höhere Auflösung, rechnet die Bilder kleiner und gewinnt dann statt mehr Auflösung weniger Bildrauschen, da das ISO-Korn nachverkleinert wird. Dass man jetzt auch mehr Dynamik nutzen kann (weil die Tiefen störungsfreier aufhellbar sind), schaukelt z.B. Werte wie den DXO-Mark künstlich nach oben.
Mehr Freistellpotenzial am Vollformat-Sensor?
Auch das ist ein unbestrittener Vorteil: wer Portraits vor einem unruhigen Hintergrund freistellen möchte, kann dies an einem grossen Bildsensor deutlich besser. Im Nahbereich kehrt sich der Vorteil aber wieder um, hier ist mehr Schärfentiefe erwünscht. Letzteres gilt regelmässig auch bei der Panorama-, Landschafts-, Architektur- und Reprofotografie. Auch steigt die Gefahr eines Fehlfokus im AF-Betrieb, wenn die Schärfentiefe sehr flach wird.
Noch mehr Nachteile eines Vollformat-Sensors
- Je grösser der Bildsensor, umso eher verstaubt er. Die Sensorreinigung stellt sich erheblich aufwändiger als an kleinen Sensoren dar, weil der grosse Bildwandler weniger Platz zum Ausstreichen mit Reinigungswerkzeugen lässt. Auch professionelle Servicewerkstätten haben damit zu kämpfen.
- Die Vignettierungsgefahr steigt insbesondere im Weitwinkel bzw. an sehr lichtstarken Normalbrennweiten.
- Telefotografen können nicht vom sogenannten Brennweiten-Verlängerungfaktor (Cropfaktor) profitieren. APS-C-Modelle haben gleich einen Telekonverter von 1,5x - 1,6x bzw. m4/3 von 2x eingebaut.
- Objektive sind regelmässig grösser und schwerer, oft auch teurer als Linsen, die auf kleinere Sensoren angepasst sind.
- Mit Ausnahme der extrem teuren Spitzenmodelle (EOS 1Dx / Nikon D4) ist die Serienbildgeschwindigkeit an Vollformat-Modellen regelmässig deutlich unterhalb gut ausgestatteter DSLR/DSLM angesiedelt, die einen kleineren Bildsensor nutzen.
Aber es gibt noch ein paar Pro-Argumente für den KB-Sensor
- die Objektivauswahl ist idR etwas besser. Spezialobjektive wie Tilt-Shift oder Fischaugen sind meist für den grossen Bildkreis gerechnet. Auch gibt es mehr hochwertige und lichtstarke Standardzooms, die von der Brennweite auf Vollformat-Sensoren angepasst sind.
- Die Dynamikverarbeiten ist normalerweise an Vollformatsensoren mit grösseren Bildpixeln etwas besser als an kleineren Sensoren. D.h. vor allem die Lichterkorrektur im RAW-Format gelingt etwas besser. Der Unterschied ist aber mittlerweile sehr gering und bewegt sich bei kaum mehr als 1/2 Lichtstufe.
- Vorausgesetzt, der grosse Sensor nutzt auch grosse Bildpixel, dann kann man stärker Abblenden, ohne dass Beugungsunschärfen auftreten. Das ist vor allem in Gegenlicht-Situationen oder bei strahlendem Sonnenschein nützlich, wenn die kürzeste Belichtungszeit zu einer Überbelichtung führen würde und man keine Graufilter einsetzen will.
Übrigens sollte man nicht der Illusion verfallen, die Kamerahersteller könnten Beugungsunschärfen wirklich auffangen, wie dies Sony etwa für die A7/A7R oder Olympus bei der OM-D E-M1 behauptet. Da wird einfach nur das JPEG stärker nachgeschärft, was zugegebenerweise im Fall der E-M1 gut funktioniert, für RAW-Fotografen aber unerheblich ist, weil man den Effekt im RAW-Format selbst mit genausoguten Ergebnissen nachstellen kann, auch an Modellen ohne diese "Antibeugungs-Unschärfe"-Technologie.
Unterm Strich..
- ..gibt es nicht so viele Vorteile für den grossen Bildsensor, um einem teils zu beobachtenden Hype zu verfallen. Wer allerdings im RAW-Format nachträgliche Aufhellungen durchführen möchte, wird sich über die extreme Rauscharmut und Tiefenzeichnung an dem A7-Bildsensor erfreuen. Das kann einem u.a. bei hohen Kontrasten vielfach Belichtungsreihen und HDR-Verrechnungen ersparen. Dennoch: eine gute Body-Ausstattung und ein vielfältiges, auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittenes Objektivangebot ist mindestens genauso wichtig. Wer viel im Landschafts- bzw. Nah- oder Makrobereich fotografiert, fährt ggf. mit einem kleineren BIldsensor sogar deutlich besser. Und mit lichtstarken Objektiven kann man auch Portraits an kleineren Sensoren oft sehr gut freistellen. Wichtiger ist meist jedoch ein ruhiger, nicht ablenkender Hintergrund!
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Canon-Objektive an Sony A7-Modellen per Adapter nutzen
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