HDR bedeutet "High Dynamic Range" und bezeichnet Bilder, die einen erhöhten Kontrast und Helligkeitsumfang wiedergeben. Solche Bilder werden dann HDRI (I steht für Image) genannt.
Auffällig werden Probleme in Bildern, wenn beispielsweise ein vor Ort blauer Himmel später im Bild nurnoch weiss aussieht oder der Bodenbereich viel dunkler als real wahrgenommen wiedergegeben wird. Auch bei nächtlichen Szenen brennen Kunstlichtquellen im Foto schnell aus. Hier kann man sich mit HDR-Techniken behelfen. Typischerweise nimmt man dafür mehrere Bilder als Belichtungsreihe auf. Die Belichtungsreihe weist dann eine aufsteigende Helligkeit auf, die nachträglich zu einer einzigen Aufnahme mit höherem Dynamikumfang verrechnet wird.
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HDR-Ergebnisbild: Aus einer dreistufigen Belichtungsreihe wird ein HDR-Ergebnisbild (LDR) generiert, bei dem weder der Bodenbereich zu dunkel noch der Himmel zeichnungslos weiss bleibt!
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Belichtungsreihe als HDR-Basis
Technisch gesehen kann man dafür die AEB-Funktion (auto exposure bracketing) der Kamera nutzen und sollte dann möglichst vom Stativ aus oder mit sehr ruhiger Hand unbewegte Motive am besten zügig ablichten. Meist bieten Digitalkameras eine dreistufige Belichtungsreihe an. Hier sollte man im Livebild oder der anschliessenden Bildwiedergabe möglichst kontrollieren, dass in der dunkelsten Aufnahme die hellen Bildbereiche nicht ausbrennen. Später werden die Bilder dann idR mit speziellen HDR-Programmen verrechnet.
echte HDRs lassen sich nicht betrachten
Umgangsprachlich werden meist HDR-Bilder als solche bezeichnet, die nach durchgeführter Entwicklung in HDR-Programmen am Monitor bzw. im Druck so aussehen wie man die Szene auch live vor Ort gesehen hat und die jetzt keine zeichnungslosen Bildbereiche der Einzelbilder mehr aufweisen. Tatsächlich handelt es sich aber um dynamikkomprimierte Bilder, die zwar mehr Zeichnung aufweisen, die aber real keinen höheren Kontrast abbilden. Echte HDR-Bilder weisen hingegen einen zu hohen Kontrast auf, der an handelsüblichen Monitoren nicht mehr vollumfänglich darstellbar ist, daher müssen sie zum Betrachten erst noch entwickelt werden. Diese Entwicklung nennt sich Dynamikkompression bzw. Tonwert-Mapping. Aus einem HDR wird dadurch ein LDR (low dynamic range).
Echte HDR-Bilder werden in 32-Bit entwickelt und können auch in einem 32-Bit-Format abgespeichert aber regelmässig nicht am Monitor sauber dargestellt werden. Als echte HDR-Bildformate stehen z.B. open exr (.exr), Radiance (.hdr) oder auch 32-Bit-Tiff zur Verfügung. Nach der Dynamikkompression bzw. dem Tonmapping speichert man das Ausgabebild dann bedarfsweise als JPEG oder Tiff ab.
HDR-Look wird meist mit HDR-Bildern verwechselt
HDR-Bilder haben an sich nichts mit dem typischen "HDR-Look" zu tun. Diese Bildanmutung wird zwar oft mit HDR-Bildern in Verbindung gebracht, sie zeichnen sich aber eher durch einen comicartigen Stil aus, der bei unsauberer Aufbereitung oft auch Säume - sogenannte Halos - aufweist. Dennoch hat die HDR-Technik einen beträchtlichen Aufschwung in der Fotoszene gerade durch diese meist etwas künstliche Bildanmutung erhalten. Sie hat aber nichts mit HDRs im eigentlichen Sinn zu tun, sondern es handelt sich dabei lediglich um stark kontrastierte Bildbereiche, die man auch ohne Reihenbelichtungen erzeugen kann. Nachfolgend wurde eine solche Bildanmutung jeweils aus einer einzigen Aufnahme gewonnen:

Entwicklung mit Spezialsoftware
HDR-Entwicklungen aus Reihenbelichtungen werden in speziellen Programmen durchgeführt. Darauf spezialisierte Software ist z.B.:
Beispielhaft zeigen wir nachfolgend eine dreistufige Belichtungsreihe, die mit HDR-Programmen standardmässig entwickelt wurde. Die Entwicklungen können idR noch angepasst werden, was mehr oder weniger aufwändig sein kann. Ideal ist eine idR natürliche Bildanmutung, die keiner grossen Modifikation bedarf. Hier unterscheiden sich die HDR-Spezialprogramme teils erheblich.

Bewegtmotive als Software-Problem
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Ghosting-Problem: Das im Wind wehende Schilf zeigt bei dem HDR-Bild Säume bzw. Ghosting-Effekte (Dopplungen), die nach unserer Erfahrung mehr oder weniger stark in allen HDR-Programmen auch bei Anwendung von Anti-Ghosting-Funktionen auftreten!
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Neben einer mehr oder weniger natürlich wirkenden Erstaufbereitung durch HDR-Programme stellen Motivbewegungen ein erhebliches Problem dar. Dabei wird die Software nicht nur durch sich bewegende Personen herausgefordert sondern sie hat besonders auch mit Windbewegungen in Blättern und Zweigen zu kämpfen. Ebenfalls stellen Wasserwellen ein Problem dar, vor allem wenn dort noch die Sonne in der Gischt Reflexionen an immer anderen Positionen erzeugt. Während einige Programme wie Photomatix - oder via Maskierungsfunktion HDR Projects Platin - lineare Motivbewegungen wie durchs Bild fahrende Fahrzeuge oft noch recht elegant eliminieren können, stellen feine Verschiebungen wie im Wind wehende Blätter oder Gräser ein bis Dato ungelöstes Problem dar. Hier sollte man unbedingt Windruhe abpassen.
Verrechnungsmethoden
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Ansätze, um aus einer Belichtungsreihe HDR-Ergebnisbilder (LDR) zu generieren. Einige HDR-Programme nutzen eine Durchschnittverrechnung, die dann zwar nur wenig mehr Dynamik als das normalbelichtete Einzelfoto aus der Belichtungsreihe enthält, dafür aber durch Ausmittlung des ISO-Korns rauschfreier gelingt und somit dunklere Bildbereiche störungsfreier aufzuhellen sind. Die zweite Methode ist das partielle Überblenden der jeweils intakt belichteten Bildbereiche. Diese Methode führt zu einem höheren Bildkontrast und entfaltet leichter die meist erwünschte Bildwirkung, hat jedoch keinen Rauschvorteil mehr. Photomatix grenzt beide Methoden z.B. als "Fusion" und "Tone Mapping" zueinander ab. Enfuse für Lightroom mischt beide Techniken und nutzt dabei grösstenteils die mittenwertbildende "Fusion" ergänzt um einen geringeren Anteil des Tone-Mappings. Hier gewinnt man in der Verrechnung also noch einen leichten Rauschvorteil gegenüber den Einzelbildern der Belichtungsreihe.
kamerainterne HDR-Bilder
Eine kamerainterne HDR-Verrechnung wurde bei DSLR zum erstenmal bei Pentax (K5 und K7) verbaut. Bei Canon bietet die EOS 650D und 700D ein Sceneprogramm "HDR Gegenlicht", bei dem 3 Aufnahmen zu einem kamerainternen Ergebnisbild (JPEG) verrechnet werden. Die EOS 6D bietet ebenfalls dieses Szene-Programm
. Sowohl die EOS 6D als auch 5D Mark 3 verfügen über einen Menüpunkt "HDR", der nicht den Begrenzungen der Scene-Programme unterliegt (die z.B. keine freie ISO-Wertwahl bzw. Autofokus-Messfeldwahl bieten). Wird er aktiviert, dann nimmt die Kamera automatisch 3 Aufnahmen nacheinander mit einstellbarem Belichtungabstand auf und verrechnet es anschliessend zu einem HDR-Ergebnisbild. Die Bildergebnisse konnten uns jedoch oft nicht überzeugen, da sie an der 5D III bei höheren Kontrasten mit dunklen Säumen garniert werden. An der EOS 6D ist das Ergebnisbild zwar fehlerfreier aber wirkt meist zu flau aufbereitet.
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Pseudo: Durch ein künstlich erzeugtes 4. Bild (links) im Rodatenkonverter kann das HDR-Programm mehr Dynamik als in der Original-Belichtungsreihe mit 3 Stufen erzeugen (siehe Sonne)!
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Pseudo-HDR
Als Pseudo-HDR wird umgangsprachlich eine Belichtungsreihen-Verrechnung bezeichnet, die nicht einer echten Belichtungsreihe aus der Kamera entstammt, sondern künstlich aus einem einzigen RAW-Bild in einem Rohdatenkonverter erzeugt und exportiert wird. Pseudo-HDR-Entwicklungen sind idR wenig sinnvoll, weil man im Rohdatenkonverter am Einzelbild bereits alle Bilddaten vorliegen hat und normalerweise durch eine künstlich erzeugte Belichtungsreihe keinen Dynamikgewinn realisieren kann. In der Praxis kann es dennoch nützlich sein, um spezielle Preset-Entwicklungen in den HDR-Programmen zu nutzen, die im Rohdatenkonverter so nicht zur Verfügung stehen.
Obwohl HDR-Programme zwar vielfach auch RAW-Dateien importieren können, geht dabei jedoch Dynamik verloren. Das dabei stets genutzte Import-Zwischenformat von 16-Bit-Tiff weist weniger Dynamik als die originale RAW-Dateien auf. Hier kann es sinnvoll sein, im Rohdatenkonverter durch eine virtuelle Kopie eine zusätzliche (um 2EV abgedunkelte) Entwicklung zu exportieren, um den Dynamikumfang z.B. in einer dreistufigen auf eine künstlich erzeugte vierstufige Belichtungsreihe auszudehnen. Dabei ist die Anpassung der Exif-Daten für die virtuelle Kopie erforderlich. Dies wird in vielen HDR-Programmen angeboten, die anhand von Belichtungszeit und ISO-Wert bzw. der Blendenzahl die vorliegende Belichtungshelligkeit analysieren. Ist die Anpassung nicht möglich, kann man dies im Betriebssystem für die künstliche Kopie nachholen und hier z.B. den ISO-Wert nachträglich um zwei Stufen absenken (z.B. von 400 auf 100).
HDR bei Panoramen
Die HDR-Technik wird bei Panoramen besonders wichtig, weil durch einen grossen Bildwinkel verstärkt die Gefahr besteht, dass zu hohe Kontraste erfasst werden. Panoramaprogramme wie PT-Gui Pro bieten eine integrierte HDR-Funktion, die jedoch idR weniger differenziert als spezielle HDR-Programme arbeitet.
Unten können Sie das Panorama zwischen "mit HDR-Technik" und "ohne HDR-Technik" wechseln und den Unterschied z.B. am Himmel im Bereich der Sonne erkennen.
Mehr zur Panorama-Technik erfahren Sie hier !
32-Bit HDR
Echte HDR-Bildformate speichern verlustfrei die Helligkeits- und Farbinformationen in bis zu 32-Bit-Formaten. Darin können sie einen höheren Kontrast abbilden als z.B. im populären 8-Bit-JPEG-Format. Letzteres speichert lediglich 8 Helligkeitsstufen, gängige RAW-Formate bis zu 14-Bit (real meist nicht mehr als 12) während HDR-Formate wie Open EXR 32 Helligkeitsstufen und Fliesskomma-Formate wie 32-Bit-Tiff sogar 253 EV speichern können.
Am populärsten und softwareseitig relativ breitflächig unterstützt sind:
- Radiance (.hdr): Entwickelt im Jahre 1987 von Gred Ward. Es nutzt drei 8-Bit-Kanäle (RGB) zuzüglich eines 4. Kanals (E), indem die Helligkeit exponentiell gespeichert wird. Der Vorteil ist seine hohe Softwareunterstützung und der relativ geringe Speicherbedarf. Nachteilig sind jedoch die mangelnde Fähigkeit, negative Farbwerte annehmen zu können. Da die RGB-Kanäle als Positivwerte lediglich via Exponent in der Helligkeit skaliert werden, können keine Zwischenwerte beim Skalieren angenommen werden, was zu Farbclipping führen kann.
- Open EXR (.exr): Entwickelt im Jahre 2000 von Florian Kainz für Industrial Lights and Magic. Ab 2003 als Open Source für Drittentwickler freigegeben. Nutzt in der gängigen Variante für jeden RGB-Kanal 16 Bit, allerdings als Fliesskomma-Wert und nicht wie bei typischen 16-Bitformaten mit Ganzzahlen (integer) und Beschnitt beim Helligkeits-Nullwert. Der 16-Bitwert nutzt dabei 5 Bit als Exponent für den Helligkeitswert, während 10 Bit Farbinformationen beeinhalten und damit 2E10 = 1.024 verschiedene Farbwerte je RGB-Kanal speichern.
Open EXR kann 32 Helligkeitsstufen (EV) speichern und bietet eine hohe Softwarekompatiblität. Auch Photoshop und die überwiegende Mehrzahl der HDR-Programme können mit Open EXR umgehen. Gegenüber Radiance ist nicht nur die Farbdarstellung umfangreicher, der Speicherbedarf - bei Nutzung der idR querkompatiblen Kompression mit PIZ oder ZIP - noch eine Idee geringer sondern es bietet zudem auch speicherbare Ebenen und kann auch den Alpha-Kanal (für Transparenzinformationen) sichern. Letztere werden in Photoshop allerdings nur über das kostenpflichtige Plugin ProEXR unterstützt. Gegenüber speicherbaren 32-Bit-Tiff bietet das .exr-Format damit jedoch einen erheblichen Speicherplatzvorteil!
- 32-Bit Tiff: Wird u.a. von Photoshop genutzt, um echte HDR-Bilder mit Fliesskommazahlen abzuspeichern. Im Gegensatz zu Radiance und Open EXR ist Lightroom seit Vers. 4.1 in der Lage, das 32-Bit-Tiff-Format zu lesen und zu bearbeiten. Grösster Nachteil ist der hohe Speicherbedarf, der ungefähr den dreifachen Platz von Open EXR beansprucht. Da das Tiff-Format (tagged image file format) lediglich ein - von Adobe 1994 erworbenes und weiterentwickeltes - Containerformat ist, können die darin enthaltenen Bilddaten schnell von verschiedenen Programmen fehlinterpretiert werden. Während Photomatix im von Photoshop und Lightroom lesbaren 32-Bit-Tiff speichern kann, bietet z.B. die 32-Bit-Tiff-Ausgabe von PTGui keine Querkompatiblität.
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