Hallo Herr Gross,
ich habe mir ein Objektiv für meine Canon 350D Spiegelreflexkamera gekauft. Hierbei handelt es sich um das Sigma 50-150mm 2,8 EX HSM II APO DC Objektiv für Canon.
Da ich ein lichtstarkes Objektiv suchte, welches ich auch als "immer drauf" Objektiv verwenden kann, bot sich dieses an, zumal es preislich noch in einem für mich akzeptablen Niveau befand/befindet. Dadurch, dass das Objektiv auch der EX Serie von Sigma angehört, freute ich mich über ein qualitativ hochwertiges Objektiv. Als das Objektiv ankam, war ich mit der Verarbeitungsqualität soweit auch sehr zufrieden. Leider hatte das Objektiv einen Frontfokus, ist zwar ärgerlich, das Problem sollte aber nach eine Justage behoben sein, dachte ich.
Dies war leider nicht der Fall und ich möchte Ihnen den Ablauf und den relativ großen Aufwand schildern, den ich betreiben musste um (zu versuchen) ein "normal" fokussierendes Objektiv zu bekommen und Sie auf diesem Weg fragen, was Sie davon halten mich damit an eine Fotozeitschrift zu wenden.
Nach ein paar Schnappschüssen bemerkte ich schnell, dass das Objektiv falsch fokussiert.
Somit habe ich den auf Ihrer Seite veröffentlichten Schärfetest genommen und damit das Objektiv einem Test unterzogen. Das Ergebnis: Ein eindeutiger Frontfokus und zwar in allen Brennwertbereichen (getestet mit 50, 100 und 150mm). Als Vergleich habe ich auch im MF getestet, hier waren die Aufnahmen so wie man sie erwarten würde.
Somit schickte ich das Objektiv wieder zur Justage zurück. Die Kosten für das Verschicken des Objektives übernahm ich, da ich die Zwischeninstanz eines Onlinehändlers, bei dem ich das Objektiv ersteigert hatte, aus zeitlichen Gründen vermeiden wollte. Eine Woche später erhielt ich das "justierte" Objektiv und unterzog es gleich einem Schärfetest. Das Ergebnis war zwar besser, aber noch lange nicht in einem akzeptablen Bereich, somit schickte ich es wieder ein (auf eigene Kosten).
Wieder eine Woche später kam das Objektiv zurück. Der sofort durchgeführte Schärfetest ergab mal wieder ein sehr ernüchterndes Ergebnis: Objektiv hat immer noch einen Frontfokus und wurde auch gleich wieder eingeschickt.
Nach einer weiteren Woche erhielt ich einen Brief von Sigma, dass ich für die Justierung meine Kamera mit einschicken sollte. Das Einschicken meiner Kamera konnte ich nicht nachvollziehen und somit rief ich bei Sigma an. Ein Hinweis noch zuvor: Alle Schärfetests wurde mit ZWEI Kameras durchgeführt (Canon EOS 350D und 40D), alle jeweils mit dem gleichen Resultat. Alle Kameras wurden manuell für den Test eingestellt (kleinste Blende, Weißabgleich, Messmethode, AF, Stativ mit Fernauslöser) und es wurden zu jedem Brennweitenbereich jeweils 5 Aufnahmen gemacht. Bei Interesse kann ich Ihnen gerne ein paar Fotos zukommen lassen.
Wie ich später entdeckt habe, ist der Frontfukus sogar so stark, dass das bereits auf dem Kameradisplay festgestellt werden konnte. Laut der Servicemitarbeiterin würde der noch vorhandene Frontfokus auf unterschiedliche Grenzwerte der Kameras zurückzuführen sein. Ich finde es sehr merkwürdig, dass ich zwei Kameras habe, die scheinbar den selben Grenzwert haben, da die Resultate gleich sind, nur die von Sigma eingesetzte Servicekamera einen anderen Grenzwert hat. Laut Sigma sei dies Zufall. Auch dafür, dass das Objektiv der EX Serie angehört, und ich einen solchen Umstand damit habe, erwiderte sie Mitarbeiterin damit, dass ein Frontfokus auch bei Objektiven anderer Fabrikate vorkommen könnte.
Ich habe die Kamera nun persönlich zu Sigma gebracht, obwohl ich es nach wie vor nicht in Ordnung finde, dass ich meine Kamera dort hinschicken muss, da ich auch keine Ersatzkamera zur Verfügung habe (die 40D ist von einem Freund). Das Objektiv wurde mit Hilfe meiner Kamera justiert und ich holte sie bei Sigma wieder ab. Nun folgten mal wieder
Testaufnahmen. Diese sahen schon deutlich besser aus, allerdings auch noch lange nicht akzeptabel.
Alle Brennweitenbereiche waren unscharf an der fokussierten Stelle. Zum Vergleich habe ich wieder in MF Aufnahmen gemacht, die dann auch ein einwandfreies Ergebnis lieferten. Wie man ein Objektiv mit Body falsch justiert an den Kunden schicken kann ist mir ein Rätsel. Ein zweiter Anruf bei Sigma brachte mich nicht wirklich weiter, man verwies mich auf eine möglicherweise falsch eingestellte Kamera bzw. empfahl mir meine Canon mal bei Canon einzuschicken. Beide Argumente sind meines Erachtens irrelevant, da ich mit zwei weiteren Objektiven Testaufnahmen durchgeführt habe, die alle ein tadelloses Ergebnis ablieferten. Auf das kostenlose Abholen und abermalige Justieren, was mir als Option angeboten wurde, verzichtete ich, da ich mir hierbei nicht wirklich eine Besserung erhoffte. Wenn es nach 2 Justagen ohne Body und einer mit Body noch nicht geklappt hat, warum sollte es dann jetzt funktionieren...
Ich persönlich finde es nicht in Ordnung einem Kunden eine solche Situation zuzumuten. Auf mich macht das nicht gerade einen guten Eindruck von Sigma. Neben den Kosten für den Versand, musste ich u. a. Zeit opfern, um die Testaufnahmen zu machen, das Paket musste zur Post gebracht werden, ich fuhr zu Sigma, telefonierte mit Sigma-Servicemitarbeitern usw. Der ganze Prozess hat alles in allem 4 Wochen gedauert und ich habe immer noch kein "normales" Objektiv. Hätte ich das Einschicken des Objektives über den Onlinehändler gemacht, hätte sich alles noch weiter verzögert.
Was halten Sie von dem oben Beschriebenen? Halten Sie es für angemessen dies einem Fotomagazin oder einer Verbraucherschutzbehörde zu schicken?
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
A. K.
Hallo Herr K.,
Ihr Ärger ist nachvollziehbar. Ein Beispiel aus meiner Praxis: Als ich meine EOS 1D Mark III neu hatte, kaufte ich mir das Sigma 120 - 300mm/2,8 dazu und machte erste Testaufnahmen im Autofokus-Servobetrieb. Ein Hund rannte auf einer Wiese vom gegenüberliegenden Ende auf mich zu. Tolles Testmotiv, also draufhalten und im Serienbildmodus abfeuern. Die Ergebnisse waren mehr als ernüchternd, nur 1 Bild von 10 Aufnahmen scharf geworden. Vergleiche mit Canon-Teleobjektiven waren zwar bei weitem ebenfalls nicht perfekt, jedoch signifikant besser. 6.000 Euro investiert und unscharfe Bilder...sehr ernüchternd (seinerzeit hat Rob Galbraith das kameraseitige Problem an der 1D Mark III populär gemacht und letztlich reagierte Canon dann mit der Reparatur des Hinterspiegels).

Das Beispiel soll verdeutlichen, dass die Autofokus-Problematik bei Drittherstellern verschärft auftreten kann. Canon legt sein Protokoll nicht offen, somit sind Dritthersteller im sogenannten Reverse Engineering darauf angewiesen, die zugrundeliegende AF-Logik im "Try and Error"-Verfahren herauszufinden. Ähnliches gilt übrigens auch für die propietären Rohdatenformate, deren Protokolle nicht offengelegt sind und an denen sich selbst grosse Software-Hersteller wie Adobe manchmal die Zähne ausbeissen.
Wir testen die Autofokusleistung derzeit an der 5D Mark II, Sie finden die Autofokus-Statistik hier!
Danach liegt Sigma mit derzeit durchschnittlich 49% bei der phasenbasierten Autofokusleistung (One Shot) an hinterster Stelle beim Hersteller-Vergleich. Man kann daraus die generelle Problematik des Reverse-Engineering der Drittherstellern ablesen, darf jedoch nicht übersehen, dass auch bei Canon teils erhebliche Probleme bei einigen Objektiven auftreten können.
In Ihrem Fall empfiehlt sich ggf. ein ergänzender Test, bei dem das Motiv (z.B. ein planes Bild an der Wand) etwas weiter entfernt ist. Sollten die Ergebnisse besser sein, dann können Sie ja vielleicht mit der AF-Schwäche im Nahbereich leben. Ansonsten würde ich versuchen, das Objektiv - unter Verweis auf die bisher gescheiterten Nachbesserungsversuche - beim Händler umzutauschen bzw. - bei erneuten AF-Problemen - das Geld zurückfordern. Berichten Sie einmal, wie die Geschichte bei Ihnen weitergeht.
freundliche Grüsse
Stefan Gross
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