Systemvergleich: Canon EOS 5Ds / 5DsR vs. Sony A7R II
Im letzten Jahr hat sich Canon die Megapixel-Krone mit den beiden EOS 5Ds-Modellen und nominell 50 Megapixel geholt. Doch Sony hat kurz darauf mit der spiegellosen A7R Mark 2 nachgelegt und kontert mit internem Stabilisator, 4K-Video und riesigem Sucher. Welches Modell ist besser? Wir machen einen Systemvergleich!
Wieviel Megapixel braucht der Fotograf? Canon zumindest offeriert mit den EOS 5Ds-Modellen satte 50 Megapixel und übertrumpft damit Sony. Bis Mitte 2015 lag Sony (und Nikon) noch lange Zeit mit einem 36,3 Megapixel-Sensor im Vollformat vorn. Doch schon einen Monat nach Erscheinen der 5Ds-Modelle legt Sony im August 2015 seinen 42 Megapixel-Kracher Sony A7R II nach. Und tastest sich in Sachen nomineller Auflösung zwar vorsichtig nach vorn, spendiert der A7R II jedoch Features wie einen sensorbasierten Bildstabilisator, 4K-Video und einen riesigen Sucher. Herumgesprochen hat sich zudem, dass der Sensor vor allem auch im RAW-Format beim Aufhellen von dunklen Bildbereichen den Canon-Sensoren überlegen ist. Und der Body ist wesentlich schlanker und mobiler als die DSLR-Boliden von Canon. Doch wie unterscheiden sich die Systeme eigentlich? Wir werfen einen näheren Blick auf beide Hersteller-Philosophien!
50 Megapixel stellen an den 5Ds-Modellen eine satte Basis bereit, um extrem großformatige Drucke oder nachträgliche Ausschnitte zu gewinnen. Aber auch an der Sony A7R II ist das Potenzial kaum geringer. Der Haken an der Sache: Canon hat schlicht die Pixel verkleinert und generiert mehr ISO-Rauschen. Das stört nicht weiter, wenn genügend Licht vorhanden ist! Sony hat die Leiterbahnen auf die Sensor-Rückseite verfrachtet und begründet den Pixelzuwachs mit einer höheren Lichtausbeute bzw. einer bislang einzigartigen BSI-Technologie im Vollformat.
Doch der Bildsensor ist nur eine Seite der Medaille. Daneben spielt auch die Gehäuse-Qualität, verfügbare Systemobjektive und Zubehör eine wichtige Rolle!
Der Body im Vergleich
Während Canon bislang seine spiegellosen Modelle EOS M / M3 etwas stiefmütterlich pflegt, setzt der Hersteller weiterhin vor allem auf einen ausgereiften und soliden DSLR-Body. Da macht die EOS 5Ds / 5DsR keine Ausnahme und liegt auf dem hervorragenden Fertigungsniveau der EOS 5D III. Canon ist nicht von ungefähr im Bereich der Systemkamera unangefochtener Weltmarktführer - eben weil auch das DSLR-Gehäuse extrem ausgereift und solide gefertigt wird.
Sony punktet mit seinen schlankeren A7-Modellen, die seit November 2013 u.a. mit der hochauflösenden A7R mit 36,3 Megapixel für Furore sorgen. Seitdem hat der Hersteller bereits sein 6. A7-Modell gebracht. Ein funktionales Schwergewicht ist mit der A7R II seit August 2015 auf dem Markt. Viele Testberichte umjubeln es als weltbeste Kamera. Obwohl Sony das Gehäuse mit der Mark 2 optimiert hat, fallen uns noch zahlreiche Schwächen auf. Zunächst sollte einem klar sein, dass die Canon-DSLR vom Gehäuse im Schnitt ideal auf die Bedürfnisse und Haptik anspruchsvoller Anwender optimiert sind. Jeder Button ist so angeordnet, dass die Mehrzahl der Anwender sie mittels Direktzugriff bedienen kann. Dabei setzt Canon nicht nur zahlreiche Direktzugriffs-Elemente ein sondern hat sie auch so robust ausgelegt, dass sie sich im raueren Outdooreinsatz bewähren.
Auch Sony hat nachgebessert und das Gehäuse in der Mark 2-Version robuster und handlicher gemacht. Es dürfte aber wenig Zweifel bestehen, dass eine EOS 5DS schlicht bulliger und besser in der Hand liegt. Im Detail ist das Daumenrad und die Akkuklappe dickwandiger, der Body abgerundeter und liegt im Schnitt erheblich gefälliger zumindest in etwas größeren Händen. An der Sony findet z.B. unser kleiner Finger keinen Halt. Nervig ist an der Sony u.E. auch, dass es mit einer Hand schwierig ist, wegen weiter Wegstrecke das Programmwahlrad zu entsichern und den Modus zu wechseln.
Was uns an der Sony häufiger stört, ist die Tatsache, dass Objektive mit der rechten Hand entriegelt werden wollen. Damit halten wir das zu wechselnde Objektiv in der für Rechtshänder unpraktischeren linken Hand und müssen so die nächsten Aktivitäten durchführen. Den Entriegelungspin hat Canon hingegen sinnvollerweise auf die linke Seite gebracht! Ist das Objektiv an der spiegellosen Sony - wie an anderen Spiegellosen auch - einmal entnommen, liegt der Sensor frei und lädt damit Verschmutzungspartikel geradezu ein. An der Canon DSLR liegt immerhin noch ein schützenderer Schwingspiegel vor dem Bildsensor, der einem ein sichereres Gefühl vermittelt.
Canon versteht es auch besser, den Auslöser auf der Vorderseite elegant abzusenken, während Sony den Schritt eher mühsam vollzieht und dabei das vordere Einstellrädchen etwas zu tief herunterzieht. Einen Joystick für Direktzugriffe, um z.B. das AF-Feld direkt zu verstellen, lässt Sony schmerzlich vermissen. Zumal derzeit noch keine A7 über einen Touchscreen verfügt, wo man via Touchpad-Funktion - wie an einigen Panasonic Lumix-Modellen oder einer Olympus OMD EM5 II - das AF-Feld direkt per Fingertouch anwählen könnte. Wer den Videomodus starten will, muss an der Sony den Record-Button erst noch suchen, da er unpraktisch seitlich angebracht ist.
Sony lässt dem Anwender mehr Freiheiten
Doch Sony punktet dafür gleich mit 4 Custom-Tasten und macht auch viele weitere Tasten individualisierbar. Dabei schöpft die A7R II wirklich aus dem Vollen, denn der Anwender kann jede der 10 Tasten aus einer Liste von rund 60 Funktionen frei belegen. Und die Sony hat mit Fokus-Peaking, Zebrafunktion, Foto-Filter, Lupen-Ansichten, Wifi-Zugriff auch jede Menge Personalisierungspotenzial. Der Anwender kann sich die A7R II viel weitreichender konfigurieren als die Canon DSLR. Canon setzt hingegen darauf, dass der Anwender sich mit der wesentlichen Tastenbelegung wohl fühlt und bietet auf einigen wenigen Tasten eingeschränkte Individualisierungsmöglichkeiten. Wirklich gestört hat uns das selten, zumal sich doch immer ein Weg findet, mit dem wir uns anfreunden können (z.B. die Lupentaste auf die Set-Taste zu legen).
optischer vs elektronischer Sucher
Wer mit dem optischen DSLR-Sucher symphatisiert und einem elektronischen Sucher kritisch gegenüber steht, den wird man auch für den Sucher der Sony A7R II wohl nicht vollends begeistern können. Wir sehen aber viele Vorteile in der elektronischen Variante. Nicht nur, dass wir beim manuellen Scharfstellen einfach via Dreh am Objektiv eine Sucherlupe im Sucher nutzen sondern auch in der Bildrückschau die Ansicht viel großformatiger und damit genauer als am Kameramonitor beurteilen können. So lassen sich auch Videos besser kontrollieren. In Lowlight offenbart der Sucher so auch mehr Details und zeigt das Motiv heller an. An der A7R II ist er mit 0,78x auch größer als der 0,74x-Sucher an der 5Ds. Da wir häufiger gerne manuell fokussieren kommt uns nicht nur die Sucherlupe an der Sony entgegen sondern auch die im Sucher gebotene Fokus-Peaking-Funktion, die man auch ohne Lupe meist recht gut einsetzen kann. Der elektronische Sucher könnte aber eine Idee höher aufgelöst sein, da noch letzte Pixelstrukturen zumindest bei kritischem Blick zu erahnen sind. Rückwärtig einfallendes Sonnenlicht dämpft zudem den Kontrast. Auch können Lowlight-Schwenks etwas in Stocken kommen.
Ist der praktische Klappmonitor robust genug?
Auch wenn wir das LC-Display oben an der 5Ds nicht so häufig konsultieren: es ist schlicht schick und hilft durchaus, um etwa beim Stativeinsatz schnell noch einen Parameter abzulesen. Sony verzichtet darauf gänzlich. Dafür liefert die A7R II einen klappbaren Monitor, der in vielen Einsatzbereichen praktisch ist. Nicht nur im Bodenbereich oder bei Überkopfaufnahmen wird so der Blick erleichtert sondern ein Stativ braucht auch weniger hoch ausgezogen zu werden und gewinnt an Stabilität. Ob der Klappmonitor aber genügend robust ist, wenn Profis die A7 im jahrelangen Einsatz haben? Canon verzichtet an seinen einstelligen Modellen zumindest hartnäckig auf eine variabel aufgehängte Version, was wir bedauern. Olympus und Samsung zeigen, dass man eine durchaus robuste Variante verbauen kann, während der Sony-Monitor noch etwas solider aufgehängt sein könnte.
Akku-Sorgen bei Sony
Über die vergleichsweise schwache Akkusleistung wird an den Sony-Modellen viel diskutiert. Sony liefert zwar gleich zwei der Akkus und auch ein Ladegerät mit aber das verhindert nicht einen zu häufigen Akkuwechsel.
Bildqualität im Vergleich
Canon hat an den 5Ds-Modellen keine wirklich neue Sensortechnologie verbaut und so im wesentlichen zugunsten einer höheren Auflösung die Pixel von 6,3 (5D III) auf 4,1µm verkleinert. Das steigert zwar bei guten Lichtverhältnissen - und hochauflösenden Objektiven - die Auflösung, führt aber gleichermaßen in höheren ISO-Werten zu einem Rauschniveau, wie man es von Canon APS-C-Modellen kennt. Der 5DsR hat Canon einen Anti-Aliasing-Aufhebungsfilter spendiert, was zu einem etwas höheren Schärfeeindruck führt ggf. aber Moiré an Mustern erzeugen kann. Im Naturbereich hat man keine Probleme zu erwarten. Ansonsten sind 5Ds und 5DsR völlig identisch.
Sony hingegen hat an der A7R II durch die BSI-Technologie das Rauschniveau sogar gegenüber der A7R I noch etwas reduziert und somit jetzt das Niveau erreicht, wie es eine 22-Megapixel auflösende EOS 5D Mark 3 anliefert. Aber die Sony bringt dabei fulminante 42 Megapixel. Insoweit rauscht sie um rund 1 Lichtstufe weniger als die 5Ds-Modelle. Andererseits erreicht sie nicht ganz die Feinzeichnung, wie wir im Testchart nachweisen. Der Auflösungsunterschied zwischen einer A7R II und EOS 5Ds / 5DsR ist aber tatsächlich marginal.
Sony bedient die Auflösung nicht mit den Standardzooms
Wichtiger dürfte die Tatsache sein, dass Sony mit seinen derzeitigen Standardzoom Zeiss 24-70mm/4 und Sony 28-70mm/3,5 - 5,6 die Auflösung nicht bedienen kann. Canon hat damit allerdings keine Probleme, die f4-Standardzooms (z.B. Canon 24-105mm/4L IS USM, 24-70mm/4L IS USM) bedienen zumindest abgeblendet im Bildzentrum die Auflösung. Ein Canon 24-70mm/2,8L II USM liegt hingegen auf Festbrennweiten-Niveau und ist den Sony-Zooms (das anstehende Sony FE 24-70mm/2,8 GM bleibt noch abzuwarten) deutlich überlegen. Aber es gibt bei letzterem den Haken, dass das Canon 24-70mm/2,8L II USM keinen optischen Bildstabilisator bietet und der ist am 50 Megapixel-Sensor besonders wichtig. Es ist mit Auto-ISO und der zugrundeliegende Faustformel (z.B. bei 100mm 1/100s Belichtungszeit) kaum möglich, Freihand ein unverwackeltes, scharfes Bild zu realisieren. Man kann zwar die Faustformel an der 5Ds dynamisieren, verliert dadurch aber mindestens eine Stufe an Bildqualität. Und damit liegt die 5Ds / 5DsR für genannten Anwendungsfall schon zwei ISO-Stufen hinter der Sony zurück. Sony hingegen liefert nicht nur einen internen, sensorbasierten Bildstabilisator (nach unserer Einschätzung etwa mit 3 EV-Ausgleich, auch wenn Sony mit 4,5 Stufen wirbt) und kann damit auch ohne optischen Stabilisator ausgestattete Festbrennweiten sondern auch adaptierte Fremdobjektive nachstabilisieren.
Es ist übrigens eine interessante, wenngleich schwergewichtige Variante, beispielsweise das Canon 24-70mm/2,8L II USM per Automatik-Adapter an der A7R II zu betreiben und so einen Stabilisator nachzurüsten. Auch an der Sony bringt das Canon seine herausragende, optische Leistung und übertrifft die Sony-Standardzoom nicht nur von der Lichtstärke sondern auch der Auflösungsleistung, wie wir hier berichten.
Sony hat die bessere RAW-Dynamik
In niedrigen ISO-Werten punktet der Sony-Sensor zudem durch eine herausragende Dynamikverarbetung, die rund 3 Stufen oberhalb der Canon-Sensoren angesiedelt ist. So kann man mit ISO 100 vielfach auf eine Reihenbelichtung und anschließende HDR-Verrechnung verzichten und einfach im RAW-Konverter die Tiefen oft rauschfrei oder zumindest rauscharm aufhellen. Auch generelle Unterbelichtungen können so öfter fast nebenwirkungsfrei korrigiert werden, wenn der ISO-Wert nicht zu hoch gedreht wurde.
Sony hat auch weitere Goodies bereit, wie einen Geräuschlos-Modus, um lautlos auszulösen. Der ist zwar nicht ganz nebenwirkungsfrei (z.B. eingeschränkte Dynamik) aber dennoch eine tolle Option. Eingebautes Wifi mit Smartgerätesteuerung incl. Foto- und Videolivebild und Parametereingriffen ist zudem praktischer, als die 5Ds-Modelle damit nachzurüsten. Nutzt man jedoch eine Wifi-Box wie z.B. eine TP-Link-Box, dann sind die Smartgeräteoptionen an den 5Ds-Modellen denen der Sony A7R II allerdings funktional und im Anwendungskomfort überlegen.
4K-Video & Co
Die A7R II punktet allerdings noch in einigen anderen Bereichen wie der kamerainternen UHD-Videofunktion, offeriert bis ISO 102.400 (5Ds / 5DsR nur bis 12.800) und nutzt ein eingebautes Stereomikrofon (5Ds / 5DsR nur mono). Zudem ist die AF-Feldabdeckung größer als bei Canon. Canon ist aber bei den AF-Funktionen im Servobetrieb generell ausgereifter und differenzierter.
Fazit
Canon punktet an den 5Ds-Modellen mit den für professionelle Anwender haptisch deutlich ausgereifteren Bodys. Sie liegen besser in der Hand und wirken robuster. Dual-Slot, ein dickwandiges Daumenrad und eine ausgefeilte Bedienung incl. Joystick sind ihre Stärken. Sony wirkt dabei etwas bemüht, kann aber immerhin mit einer hohen Individualisierung, Klappmonitor und Geräuschlos-Modus funktonal Land gut machen. Wer die A7R II allerdings mit gutem Gripp für längere Sessions in der Hand nutzen will, dürfte sich mit einem Hochformatauslöser auch wegen längerer Akkulaufzeit wohler fühlen, den die 5Ds-Modelle eigentlich nicht einfordern.
In Sachen Foto-Bildqualität bringt der Sony-Sensor unterm Strich mehr Leistung, da er fast genauso hoch auflöst aber die bessere Dynamik im RAW-Format bereitstellt und auch in höheren ISO-Werten um rund 1 Stufe rauchärmer daher kommt. Der interne Stabilisator hilft zudem auch bei adaptierten Optiken bzw. Festbrennweiten bei beruhigten Freihand-Aufnahmen. Dafür kann Sony mit den derzeitigen Standardzooms die Auflösung nicht voll bedienen. Sony will hier aber mit dem angekündigten FE 24-70mm/2,8 GM aufholen. Das wird allerdings noch etwas schwerer als das unstabilisierte Canon 24-70mm/2,8L II USM und liegt leider auch in der 2.000 Euro-Preisklasse.
Wer eine Sony A7R II am Stativ betreibt, wird die Schwächen am Gehäuse eher verschmerzen und bei Makroanwendungen bzw. Panoramen auch die hohe RAW-Dynamik ausreizen. Hier spielt es auch weniger eine Rolle, ob man einen elektronischen oder optischen Sucher nutzt. Wichtiger wird da der klappbare Monitor und auch der Wifi-Modus mit Smartgerätesteuerung. Eine tolle Möglichkeit liegt eben auch darin, Fremdobjektive zu adaptieren. Videoanwender wird der 4K-Videomodus reizen. Dabei ist die gegenüber Full HD um 4x höhere Auflösung auch für die Einzelframe-Entnahme mit 8 Megapixel-Fotos spannend. Auch Goodies wie SLog-Profil, Kopfhörerkontrolle und Stereomikrofon gehen über die 5Ds-Videofunktionalität deutlich hinaus.
Wer einen möglichst robusten Body und die weltweit umfangreichste, native Systemobjektivpalette incl.Fischauge, Tilt-Shift, Ultra-Weitwinkel, Superteleobjektive nebst maximaler Zubehör-Kompatibilität bevorzugt, der wird sich bei den EOS 5Ds-Modellen wohler fühlen. Insgesamt liegen beide Systeme in unserer Wertung jedoch mit 94 (Sony A7R II / EOS 5Ds) bzw. 95 Punkten (EOS 5DsR) auf Augenhöhe!
Mehr Tipps und Hinweise finden Sie auch zu anderen Canon DSLR bzw. Sony-Systemkameras hier im Kamera-Direktvergleich!
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