besser blitzen mit Canon-DSLR
Teil 4

ein Report von Herbert Waldhecker und Stefan Gross

 

Seitenüberblick
indirekt blitzen
Vordergrund aufhellen

Gegenlicht
Lichtmischung optimieren

 

Praktischer Teil:

Blitztechniken - Tipps und Tricks

In den meisten Fällen kommt ein auf die Kamera aufgesetztes Blitzgerät oder der eingebaute Blitz zum Einsatz. Diese Lichtspender beleuchten das Motiv leider frontal und hinterlassen oft den für solche Aufnahmen typischen Eindruck: Das Bild wirkt flächig, und harte Schatten lassen es unnatürlich wirken. Außerdem ist durch das oben beschriebene 1/r2 Gesetz der Hintergrund meist zu dunkel abgebildet oder Objekte im Vordergrund werden überstrahlt. Mit etwas Phantasie kann man diese Effekte allerdings recht leicht mildern und kommt auch in schwierigen Situationen noch zu brauchbaren Ergebnissen. Einige der gebräuchlichsten Techniken werden hier beschrieben.

 

weicher durch indirektes Blitzen

Beim indirekten Blitzen handelt es sich wohl um die bekannteste Technik zur Verbesserung der Ergebnisse bei Innenaufnahmen. Die meisten aufsteckbaren Blitzgeräte verfügen über einen Schwenkreflektor, mit dem das Licht indirekt gegen eine Fläche reflektiert werden kann. Das Licht fällt hierdurch weicher und reichhaltiger, da es durch die Reflexion gebrochen und weiter gestreut wird. Die sich dafür meist anbietende Zimmerdecke sollte idealerweise weiss oder zumindest hell gestrichen und nicht zu hoch platziert sein.

Bessere Blitzgeräte erlauben darüber hinaus auch einen Schwenk zur Seite, womit auch helle Wände als Reflektionsflächen in Frage kommen.

Bei E-TTL braucht man sich normalerweise keine Gedanken um den Lichtverlust durch diese Umlenkung zu machen, da die Stärke des Blitzes via Vorblitz und "through the lens" gemessen wird und die Kamera den Blitz entsprechend anpasst. Eine Grenze stellt dabei die maximale Power des Blitzgerät dar, die bei Weitwinkelaufnahmen von z.B. grösseren Gruppen ggf. nicht mehr ausreicht und zu Unterbelichtungen führen kann. Die Technik des indirekten Blitzen fordert also idR den Einsatz eine möglichst lichtstarken Blitzgerätes (Leitzahl über 40).

Sollte keine geeignete Fläche zur Verfügung stehen, verwenden Fotografen gern preisgünstige und leichte Styroporplatten, die in jedem Baumarkt erhältlich sind. Diese werden dann so platziert, dass sich das Licht gut im Raum verteilen kann und das zu fotografierende Motiv ausleuchtet. Alternativ und bequemer im Transport sind grössere Faltreflektoren, die zudem durch verschiedene Stoffbezüge den Tonwert des Lichts varieren.

Wer nur auf das eingebaute Blitzgerät zurückgreift, kann normalerweise die beschriebenen Vorteile für sich nicht nutzen. Traumflieger.de hat jedoch eine Lösung für interne Blitzgeräte mit dem Spiegelreflektor TSR-1 vorgestellt, so dass sich via Spiegel auch der eingebaute Blitz umlenken und zumindest im Nahbereich verwenden lässt. Infos und Tipps dazu finden sich hier

Tipp: sollte sich zunächst keine geeignete Fläche für indirektes Blitzen im Raum finden, könnte vielleicht der Boden aushelfen, falls er hell genug ist. Wechseln Sie dafür ins Hochformat und schwenken den Reflektor nach unten. Diese Technik ist für Personenaufnahmen aufgrund des ungewohnten Unterbodenlichteinfalls nicht immer geeignet, kann jedoch interessante Effekte erzielen.

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ausgewogen durch Aufhellen des Vordergrundes

Es kommt gerade bei schönem Wetter häufig vor, dass zwar das eigentliche Motiv vom Umgebungslicht hervorragend ausgeleuchtet wird, dafür aber Partien des Vordergrundes im Schatten liegen und auf der Aufnahme unnatürlich dunkel wirken. Abhilfe schafft hier das sog. 'Aufblitzen des Vordergrundes'. Durch den Einsatz des Blitzlichts werden die sich vor dem Motiv befindlichen Schattenpartien erhellt und ein natürlicher Gesamteindruck entsteht.

Bei dieser Technik wird das Blitzlicht ausnahmsweise nicht für das eigentliche Motiv, sondern für den Vordergrund bestimmt. Das Motiv muss daher überwiegend vom Umgebungslicht erhellt werden, bekommt aber mit etwas Glück noch ein Quäntchen Blitzlicht mit, was zu einer durchaus gewünschten, zusätzlich leichten Aufhellung beispielsweise im Gesichtsbereich führen kann.  

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Gegenlichtsituationen in den Griff bekommen

Wie beim Aufhellen des Vordergrundes geht es auch hier um den Einsatz des Blitzgerätes bei hellem Umgebungslicht, das grundsätzlich auch eine Aufnahme ohne Blitz zulassen würde. Unverzichtbar ist diese Technik beim sog. Gegenlichtportrait, bei der die Person nur rückseitig von hellem Sonnenlicht angestrahlt wird, das Gesicht aber im Schatten liegt. Hier machen Laien mit ihren Kompaktkameras, die den Blitz in solchen Situationen automatisch zuschalten, oft einen besseren Eindruck als Amateure mit Spiegelreflexkamera und Nutzung der Kreativprogramme, die den Blitzeinsatz vielleicht für unprofessionell halten oder einfach vergessen. Dabei sind solche fotografischen Situationen ohne Blitz nur schwer oder gar nicht zu bewältigen.

Gut, dass viele Canon-DSLR's über ein eingebautes Blitzgerät verfügen, mit denen ein Aufhellen in vielen Fällen möglich wird. Sollte das Licht seitlich oder direkt von oben kommen, ist der Aufhellblitz ebenenfalls unverzichtbar, da die unweigerlich entstehenden, harten Schatten aus jedem Gesichtsfältchen eine Schlucht werden lassen, was dann wohlmöglich verstärkt bei Modellen weiblichen Geschlechts zu Unmut führt.

Zudem führen in der Motiv-Umgebung aufgrund des beschränkten Sensor-Dynamikumfangs harte Schatten oder Überstrahlungen zu teils unüberwindlichen Problemen, mag ansonsten auch alles andere perfekt komponiert sein.

Ein leichter Aufhellblitz kann bei Sonnenschein also fast nie schaden und rettet damit so manch Foto vor dem digitalen Papierkorb. Daher empfiehlt es sich, bei einer Bilderserie im Sonnenlicht auch immer mindestens ein Bild mit Blitz zu versuchen. Aber auch in ausreichend beleuchteten Räumen kann diese Technik oft erfolgreich angewendet werden. Für den Aufhellblitz ist es jedoch sehr wichtig das Licht richtig zu mischen. Daher ist der Lichtmischung auch ein eigener Abschnitt gewidmet.

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Die Lichtmischung optimieren

Da die Leuchtdauer des Blitzes sehr klein gegenüber der eingestellten Belichtungszeit ist, kann man sich das Endergebnis am besten als Überlagerung zweier Aufnahmen vorstellen. Eine Aufnahme entsteht dadurch, dass der Sensor während der gesamten Belichtungszeit das Umgebungslicht sammelt. Die zweite Aufnahme entsteht in einem Bruchteil einer Sekunde, indem das Blitzlicht die Szene kurz in sehr helles Licht taucht. Das Umgebungslicht spielt also in allen Programmen eine Rolle, verstärkt jedoch dann, wenn Sie in den Kreativprogrammen arbeiten (Infos zum Verhalten des Blitzes in den Kreativprogrammen finden Sie hier). Diese Tatsache sollte man beim Arbeiten mit dem Blitz immer im Kopf haben, besonders aber, wenn man selber in die Lichtmischung eingreifen will.

Wie erwähnt sorgt die intelligente Steuerung der Blitzgeräte idR dafür, dass eine angemessene Lichtdosis abgegeben wird und ist bestrebt, selbst fehlerhafte Programmeinstellungen an der Kamera auszugleichen. Das Blitzgerät versucht also immer genügend Licht abzugeben, um das Hauptmotiv selbst dann ausreichend zu belichten, wenn eine Unterbelichtung in der Belichtungskorrektur (für das Umgebungslicht) eingestellt wurde. Der Fotograf könnte sich ob dieser Automatik fast entmündigt fühlen, dennoch lässt sich via Parameterveränderung Einfluss auf das Mischverhältnis von Blitz- zum Umgebungslicht nehmen:

  • Erhöhung oder Verminderung der Blitzintensität an der Kamera via Blitzbelichtungskorrektur

  • Verminderung der Belichtungskorrektur für das Umgebungslicht

  • Belichtungskorrekturen am Blitzgerät selbst (empfehlen wir Einsteigern idR nicht, um möglichst viel an der Kamera selbst zu steuern)

  • ggf. Reduktion des Blitzlichtes via Diffusoren (hilft nur, wenn die maximale Leistung des Blitzgerätes ausgereizt wurde, siehe auch die Hinweise weiter unten)

 

Um das ideale Mischverhältnis optisch zu kontrollieren, empfiehlt sich eine Probeaufnahme und Kontrolle auf dem kamerainternen TFT-Monitor. Sollte noch zuviel oder zuwenig ‚Blitz’ im Bild sein, lässt sich das am besten mit der Blitzbelichtungskorrekturtaste an der Kamera berichtigen. Ein oder zwei Stufen weniger oder mehr und das richtige Mischverhältnis ist schnell gefunden. Fällt hingegen das Umgebungslicht zu hell oder zu dunkel aus, lässt sich dies mit der normalen Belichtungskorrektur in den Programmen (AV, TV und P) verändern. Auch wenn es einmal schnell gehen muss, lohnen sich mindestens zwei Aufnahmen mit leicht veränderten Werten.

Lichtmischung und ISO-Wert

Die hier und da vertretene Meinung, dass ein hoher ISO-Wert mehr Umgebungslicht in eine aufgeblitzte Aufnahme in den Kreativprogrammen dazumischen würde, ist falsch. Er nimmt normalerweise keinen Einfluss auf das Mischverhältnis von Blitz- zu Umgebungslicht.

Während interner Blitz als auch das getestete Sigma DG 500 Super konstant in allen ISO-Stufen die Lichtmischung beibehalten, so weichen die Canon Speedlites (430/580 EX) von dieser Regel ab und der Blitzlichtanteil steigt mit jeder ISO-Stufe an. Canon hat uns dieses Verhalten bestätigt; spricht jedoch nicht von einer Fehlfunktion sondern von einer "Konformität zu den Herstellervorgaben".

Tipp: wenn auch der ISO-Wert keinen Einfluss auf das Mischverhältnis von Blitz- zu Umgebungslicht zumindest ausserhalb der Speedlites-Welt hat, so lässt sich die Blitzreichweite durch einen höheren ISO-Wert vergrössern !

Reduktion via Taschentuch & Co

Als schnelle Alternative zur Blitzlichtkorrektur wird ein vor den Blitz gehaltenes Papiertaschentuch bis zur Obergrenze der Blitzleistung keine Wirkung haben. Im Versuch mussten wir - auf 1 Meter Motivabstand - ein Tempotaschentuch schon viermal falten, bis sich eine sichtbare Wirkung zeigte und der Einfluss des Blitzlichtes zurückging.

Ähnliches gilt für Bouncer, Softboxen bzw. eine ausgezogene Weitwinkelstreuscheibe, die zwar das Licht im Raum weiter verteilen, jedoch regelmässig keinen Einfluss auf das Verhältnis von Umgebungs- zu Blitzlicht haben. Der Einsatz lohnt jedoch, um eine weichere Gesamtlichtstimmung zu erzeugen, wenngleich sie mehr Power einfordern und die Batterien des Blitzgerätes schneller entladen bzw. die Wartezeiten zwischen dem erneuten Blitzeinsatz länger werden.

 

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