
Workshop Sonnenfotografie - Part 2
von
Ingo Mathyl und Dietrich Ehmann
Checkliste - das wird zur Sonnenfotografie gebraucht:
Kamera, Fernauslöser, Teleskop/Teleobjektiv, evtl. passenden Adapter,
Stativ/Montierung und einen Filter
1. Kamera
Geeignet sind alle digitalen Spiegelreflexkameras (DSLR) wie die Canon Modelle
von der EOS 300D bis hin zur 60D/7D bzw. 1D(s) neuester Generation mit LiveView
oder die entsprechenden Modelle von Nikon, Sony oder ähnliche. Diese DSLR’s
besitzen alle Voraussetzungen Fotos der Sonne zu machen:
1. das Objektiv ist abnehmbar und so kann ein entsprechendes Teleobjektiv
verwendet werden bzw. über einen Adapter an ein Teleskop angeschlossen werden.
2. sie haben große, rauscharme und empfindliche Sensoren.
3. sie sind in der Lage die Bilddaten im RAW- Format unkomprimiert zu speichern.
4. sie sind mit Fernauslöser (Kabel oder IR bzw. Funk) steuerbar.
5. die Möglichkeit der Spiegelvorauslösung ist vorhanden (EOS
300D nur mit
Firmware-Hack)

2. Fernauslöser / Kabel oder Infrarot
Aufgrund der langen Brennweiten ist die Verwackelungsgefahr sehr groß. Um ein
Verwackeln durch das Auslösen an der Kamera zu verhindern, sollte zwingend ein
Kabel oder IR-Fernauslöser verwendet werden. Entsprechende Fernauslöser gibt es
als Kamerazubehör.
Für die drei- und vierstellige Canon DSLR (z.B. EOS 1000D/1100D, 550D, 600D) und
die 60D mit der 2,5mm Klinken-Buchse z.B. die
Kabelfernbedienung Canon RS-60 E3 (Kabel), Adidt M1, Twin1 oder der RC-5 (IR)
und für die zwei- und einstellige Canon DSLR (z.B. 40D/50D/7D/5D/1D) mit N3Anschluss die TC-80N3 oder RS-80N3 und natürlich die TWIN
1 bzw. der JJC-Funkauslöser aus dem
Traumfliegershop. Es kommt auch ein Eigenbau in Frage, der nicht mehr
als 10 € kostet. (eine Anleitung für die Kameras mit 2,5mm Klinke gibt es
hier)
In diesem Zusammenhang sei auf die Aktivierung der Spiegelvorauslösung
in den Individualfunktionen hingewiesen. Sie verhindert Erschütterungen durch den Spiegelschlag. Auch bei
Einsatz der LiveView ist der Spiegel bereits umgeklappt bevor es zum Auslösen
kommt. Die Erschütterungen können so wirkungsvoll verhindert werden (Ausnahme:
EOS 1D Modelle ab Mark III, die über keinen elektronischen Verschluss verfügen und bei der
Live-View den Auslöser zunächst ziemlich hart schliesst, hier sollte die SVA
auch bei Live-View-Einsatz verwendet werden).

3. Teleskop - Teleobjektiv
Aufgrund der annähernd gleichen scheinbaren Größe von Mond und Sonne, haben
Teleskope für die Sonnenbeobachtung ähnliche Anforderungen zu erfüllen, wie die
zur Mondbeobachtung. So sollten Sie Brennweiten von f = 800 bis 2.000 mm bei
einem Öffnungsverhältnis von f/8 bis f/15 haben.
Teleobjektive sind zur Sonnenfotografie auch ab Brennweiten von ca. 400mm
geeignet. Eine Kombination mit Telekonvertern zur Brennweitenverlängerung ist
zudem empfehlenswert. Allerdings bleiben bei kurzen effektiven Brennweiten (unter
800mm) Details von Sonnenflecken verborgen.
Ein Spezialfall sind atmosphärische Erscheinungen wie Aureolen oder Polarlichter
für die kurze Brennweiten von Weitwinkel bis in den leichten Telebereich ideal
sind.
4. Adapter
Adapter sind nur bei der Verwendung von Teleskopen oder Teleobjektiven
notwendig, die kein EF - Bajonett haben. Diese wurden im
Mondfotoworkshop
bereits beschrieben.

5. Stativ / Montierung
Dem Stativ kommt besondere Bedeutung zu. Mit der mechanischen Stabilität steht
und fällt die Qualität der Astrofotos. Wie bereits erwähnt, ist die
Verwackelungsgefahr durch die langen Brennweiten extrem hoch. Dem kann nur durch
eine entsprechend stabile, schwingungsarme Montierung entgegen gewirkt werden.
Bei formatfüllenden Brennweiten ist weiterhin eine parallaktische Montierung mit
elektrischer Nachführung sinnvoll. Mehr Infos
hier im 4. Teil.

6. Filter

Der signifikanteste Unterschied zur Mondfotografie besteht in der Notwendigkeit
der Verwendung geeigneter Filter. Wie eingangs erwähnt, ist die scheinbare
Helligkeit der Sonne mehr als 500.000 mal höher als die des Vollmondes. Die
Intensität des Sonnenlichts muss zum Fotografieren oder Beobachten abgemindert
werden. Es gibt vielfältige Möglichkeiten das zu tun, wobei einige sehr speziell
und kostspielig sind.
Prinzipiell unterscheidet man:
A. Herschelkeil – Der Herschelkeil besteht aus einem Glasprisma, bei dem
die Reflektion des Sonnenlicht an der äußeren Glasfläche genutzt wird. Dabei
werden ca. 4% des Lichtes reflektiert. Zusammen mit einem drehbaren Polfilter
hat man so ein regelbares System mit idealer Helligkeitsanpassung. Die Sonne
wird kontrastreich und unverfälscht, detailreich im Weißlicht dargestellt. Der
Herschelkeil eignet sich zum Beobachten und Fotografieren gleichermaßen gut. Man
bekommt einen Herschelkeil schon ab ca. 150€.
B. Projektionsmethode – Bei der Projektionsmethode wird das Abbild der
Sonne auf eine neutralweiße Fläche hinter dem Teleskop dargestellt. Diese
Methode ist eher für die Beobachtung der Sonne geeignet. Ideal ist sie für
größere Beobachtergruppen bei einer Sonnenfinsternis. Details wie Sonnenflecken
werden eher schlecht dargestellt.
C. H-Alpha Filter – Die eindrucksvollsten Bilder liefern Systeme mit
H-Alpha Filtern, die das Licht der Sonne bei 656,3nm schmalbandig durchlassen.
Bei dieser Wellenlänge des Lichtes werden die Prozesse der Kernfusion aus der
Chromosphäre dargestellt, da Licht dieser Wellenlänge bei diesen Prozessen
emittiert wird. Die Granulation der Oberfläche wird sichtbar genauso wie
Protuberanzen.(Sonnenflecke etwas abgeschwächt auch)
Zu erwähnen ist, dass die Filter auf Grund des Fertigungsprozesses
(Interferenzfilter) sehr teuer sind.
Es gehören i.d.R. zwei Filter zum System,
ein Energieschutzfilter, der die Energie der Sonnenstrahlung begrenzt und ein
schmalbandiges H-Alpha Interferenzfilter. Je schmalbandiger das Filter desto
mehr Details werden sichtbar. Abhängig von der Größe und Güte bezahlt man für
ein Energieschutzfilter ab 450€ und für ein H-Alpha Filter ab 1500 €. Für den
Einstieg in die Beobachtung im H-Alpha Licht gibt es ein preiswertes
Komplettsystem - das Coronardo PST für ca. 550€.
Das Fotografieren der H-Alpha Sonne ist mit einer normalen DSLR nur
eingeschränkt möglich. Das liegt an dem IR-Sperrfilter der Kamera, der vor dem
Sensor liegt. Er hat für das H-Alpha Licht eine Durchlässigkeit von unter 20%.
Gute H-Alpha Aufnahmen lassen sich nur mit modifizierten DSLR’s (oder der EOS
20Da) machen, bei
denen der Standard IR-Sperrfilter gegen einen geeigneteren ausgetauscht wird.
Oder man greift zur Webcam, aber das gehört nicht in diesen Workshop…
D. Graufilter – Systeme mit Graufiltern (auch als Neutraldichtefilter
bezeichnet) sind gut zum Fotografieren und
Beobachten der Sonne geeignet. Die Filter müssen eine neutrale Filterdichte von
ND=4 bis 5 haben. Das heißt die Durchlässigkeit des Filters beträgt 0,0001 bis
0,00001.
GANZ WICHTIG: die Filter müssen VOR dem Objektiv angeordnet werden!
Okularseitige Filter sind durch die Erhitzung der starken Sonnenstrahlung nicht
sicher und gefährden das Augenlicht bzw. die Kamera. Diese Filter sollten
entsorgt werden!
Für
Beobachtungen und Blicke durch den Sucher ist zusätzlich der Infrarot-Anteil des
Sonnenlichtes auf kleiner als 0,5% zu begrenzen.( mit IR-Sperr-Filter)
E. Folienfilter - Selbstbaufilter mit der Astrosolarfolie von Baader
Planetarium GmbH
Eine sehr hochwertige und gleichzeitig preiswerte Möglichkeit bietet die
Verwendung einer Spezialfolie. Deshalb möchten wir hier den Selbstbau eines
Sonnenfilters auf Grundlage dieser Folie beschreiben. Zunächst zur Folie. Die
Folie gibt es bei Baader Planetarium in zwei verschiedenen Ausführungen:
Mit der Filterdichte ND=5 – ideal zum Beobachten der Sonnen, auch zum
Fotografieren geeignet.
Mit der Filterdichte ND=3,8 – speziell zum Fotografieren entwickelt. Sie
ermöglicht sehr kurze Belichtungszeiten auch an langsamen Optiken bis >=
F/15. Visuelle Beobachtungen sind jedoch nur mit einem zusätzlichen Filter
möglich!
Die Folie kommt in einem 100x50cm großen Stück für 64€ und reicht für diverse
Filter. Idealerweise tut man sich mit anderen Interessenten (z.B. über das
Astroforum) zusammen und macht eine Sammelbestellung. Alternativ kann man die
Folie mit ND=5,0 auch als 20x30cm Stück für 20€ bestellen.
Aber nun zum Selbstbau: Benötigt wird Pappe, doppelseitiges Klebeband, ein
Cutter, Klebstoff (Pattex oder UHU) ein Papiertaschentuch und die
Astrosolarfolie.

Zunächst wird der Tubus gebaut. Dazu werden 5cm breite Pappstreifen um das
Teleobjektiv oder Teleskop gelegt und die Enden mit Doppelklebeband fixiert. Dies
wird mit mind. 4 weiteren Pappstreifen wiederholt, sodass ein solider Ring
entsteht, der ideal auf das Objektiv aufzustecken ist.

Dann werden zwei gleich große Quadrate aus Karton ausgeschnitten. Die Kantenlängen
sollten 5cm größer als der Objektivdurchmesser sein. Dann werden die
Quadrate mit Doppelklebeband verklebt. Überstände werden geschnitten und mit dem
Cutter das mittige Loch herausgearbeitet.
Jetzt wird ein Papiertaschentuch oder eine Serviette eben auf den Tisch gelegt.
Darauf wird ein Stück der Sonnenfilterfolie gelegt, die man vorher zwischen zwei
Blätter Papier auf die Größe der Pappquadrate zuschneidet. Die Filterfolie
sollte locker und eben auf dem Papiertaschentuch liegen. Das erste Kartonquadrat
wird nun langsam mit der Klebeschicht eben auf die Folie gelegt. Jetzt drehen
wird der Karton mit der Folie umgedreht und das zweite Stück Karton mit der
Klebeseite auf die Folie abgesenkt. Die Folie sollte locker im Karton gehalten sein, ohne
dabei Falten zu werfen. So ist die Folie spannungsfrei und ihre optisch
hervorragende Leistung bleibt erhalten.
Danach wird der Tubus mittig auf den Filter mit Kraftkleber geklebt.
Hier das Resultat, ein Filter mit ND=3,8 der sich ideal auf das Objektiv
aufstecken lässt.

|