Foto-Workshop
"Supermakros mit dem Canon 18-55mm
+ Umkehradapter"
In diesem
Workshop wird gezeigt, wie mit dem "Kitobjektiv" extrem vergrösserte
Makroaufnahmen (Supermakros) von Insekten möglich sind.
Diese
Kunstwerke der Natur liegen uns praktisch direkt zu Füssen - selbst im
saubersten Haushalt sind sie zu finden und sei es nur die Mücke, die gerade
durch das Fenster hineingeflogen kommt oder der Marienkäfer, der sich im
Fensterrahmen bis zum nächsten Putzappell klammheimlich versteckt hält.
Es ist für
dieses Tutorial also nicht notwendig, die eigenen vier Wände zu verlassen.
Das hier vorgestellte Bildbeispiel ist eine kleine rote Ameise, die sich im
Keller unter einer Teppichbodenkante fand (klicken Sie einmal auf das Foto,
um es in Grossansicht anzusehen):
Das Motiv aufgenommen mit Canon 18-55mm und Retro-
adapter in den eigenen vier Wänden.
Das
Canon 18-55mm steht zu Unrecht im Ruf, dass sich mit ihm nur mittelmässige
Bildergebnisse erzielen lassen. Zumindest gilt dies für den Makrobereich, denn
hier kann es nicht nur mit den besten Makrospezialobjektiven mithalten sondern
übertrifft sie sogar beim Abbildungsmasstab.
Möglich wird dies durch einen Umkehr- bzw. Retroadapter, bei dem das Objektiv
mit der Frontlinse zur Kamera verbunden wird. Dadurch wird nicht nur mehr als
die vierfache Abbildungsgrösse eines üblichen Makroobjektivs erreichbar, auch
die Bildqualität ist überzeugend.
sie sind sehr
schwer im Supermakrobereich abzulichten, denn die Belichtungszeit wird
insbesondere abgeblendet zu lang, um Unschärfen zu vermeiden.
Um lebende
Insekten dennoch zu fotografieren, können sie das Tier zunächst einmal
testen, ob es vielleicht gerade eine längere Ruhepause einlegt, und sich
auch durch Annäherung nicht stören lässt.
Dazu einfach
die Hand etwa 5 cm (also die angedachte Objektiventfernung) vor dem Insekt
bewegen. Reagiert es darauf nicht, stehen die Chancen nicht schlecht, vor
Ort eine Aufnahme durchführen zu können.
Tipps um lebende Insekten zu
beruhigen
Ameisen:
sie lieben Honig. Träufeln sie ein wenig davon vor ihre Laufrichtung und mit
etwas Glück halten sie sich erstmal längere Zeit mit der Mahlzeit auf.
Stuben-Fliegen:
sind vernarrt in Zuckerwasser. Wird es ihnen vorgesetzt, lassen sie sich
sogar ungestört berühren.
Spinnen: haben einen riesigen Durst. Ein Tropfen Wasser kann beiden Parteien
weiterhelfen
wir haben uns
hier im Tutorial für eine bereits gestorbene Ameise
entschieden - die Vorteile sind gegenüber der Ortsgebundenheit und oftmals
schwierigen Gestaltungsmöglichkeiten enorm. Natürlich sind
Bewegungsunschärfen ausgeschlossen und der Zeitfaktor spielt keine Rolle.
Doch töten Sie deswegen keine Insekten für ein Foto - sonst werden sie sich vielleicht
rächen und bei nächster
Gelegenheit über Sie herfallen.
Finden lassen
sich tote Insekten z.B. zwischen den Fensterinnenrahmen, hoch oben auf dem
Wohnzimmerschrank, unterm Bett und eigentlich überall dort, wo Sie selten
nachsehen.
Eingesponne
Insekten sind allerdings kaum geeignet, denn die Weben lassen sich von Hand
idR nicht entfernen.
Step 2: notwendiges und
nützliches Equipment bereithalten
Absolut notwendig
ist - neben Retroadapter, Stativ und frei zugänglicher Fläche, um das Motiv zu
platzieren - auch eine Taschenlampe, mit der das Objekt zusätzlich hell
angestrahlt wird, um durch den Sucher das Motiv erkennen und beurteilen zu
können.
Der Deckenfluter
(bzw. Baustrahler) empfiehlt sich, um durch Anleuchten der Zimmerdecke ein
weiches Licht zurückzuwerfen. Natürlich kann hierfür auch ein Blitzgerät benutzt
werden. Ein Fernauslöser erweist sich als sehr komfortabel und verhindert
Verwacklungsunschärfen beim Auslösen (eine Selbstbauanleitung findet sich
hier).
Mit der Makroschiene ist das Motiv vom Stativ aus leichter erreichbar und die
Schärfeebene kann über die Feineinstellmechanik sehr genau abgepasst werden
(erhältlich z.B. von Manfrotto).
Step 3: Motiv platzieren und
Schärfentiefe fest einstellen
1. Platzieren
für einen natürlich
wirkenden Untergrund wird die Ameise auf eine Eichel gesetzt und an die äussere
Tischkante platziert, damit das Objektiv bei seitlicher Perspektive auf die
nötige Entfernung von 3 - 4 cm herangerückt werden kann. Die Beine der Ameisen
sind jedoch zusammengekrümmt. Damit dies nicht unnatürlich wirkt, werden sie
vorher mit einem Messer vorsichtig auseinandergespreizt, wobei für dieses
Beispiel einige Versuche notwendig waren, bis die Stellung und Position
befriedigend auf der Eichel ausfiel.
2. Schärfentiefe fixieren
Die Schärfentiefe
wird in diesen Mikrodimensionen sehr flach. Um nicht nur auf ein Detail wie
z.B. die Augenpartie scharfzustellen, sollte hier mit möglichst kleiner
Blendenöffnung gearbeitet werden. Da der Adapter jedoch nicht elektrisch mit der
Kamera verbunden ist, kann normalerweise nur mit Offenblende (also z.B. 3,5 bei
Brennweite von 18mm) fotografiert werden. Ein Trick hilft hier weiter:
Bevor das
Kitobjektiv über den Retroadapter mit der Kamera verbunden wird, setzen Sie es
in gewohnter Weise Art auf die Kamera. Stellen Sie eine höhere Blendenzahl ein
(wenn möglich nicht über Blende 16 gehen, da die Bildqualität sonst durch
Beugungsunschärfen vermindert wird. In diesem Beispiel wurde Blende 12 gewählt)
und während Sie die Abblendtaste gedrückt halten, nehmen Sie das Objektiv aus
der Fassung.
Abhängig von der
eingestellten Blende wird das Motiv wird jetzt natürlich sehr dunkel im Sucher
und hier ist es wichtig, dass Sie es mit einer sehr hell ausleuchtenden
Taschenlampe zusätzlich anstrahlen, um Scharfstellen zu können.
Wollen Sie jedoch
nur ein spezielles Detail festhalten, können Sie auch ohne vorgenannten Trick
arbeiten, dadurch wird das die Schärfentiefe zwar sehr flach, das Sucherbild
aber wesentlich heller.
Step 4: Motiv
passend anstrahlen und aufnehmen
Die Belichtung an
der Kamera sollte durch die TTL-Belichtungsmessung (through the lens) eigentlich
korrekt ermittelt werden; in der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass dies nicht
immer zutrifft. Am besten wechseln Sie in das Programm "M" und machen mit
veränderten Belichtungszeiten einige Testaufnahmen, bis Sie mit dem Ergebnis
zufrieden sind.
Die Taschenlampe,
die für ein helleres Sucherbild eingesetzt wurde, sollte - wenn sie zusätzlich
zur Belichtung verwendet werden soll - weiter vom Motiv entfernt werden.
Andernfalls kommt es sehr leicht zu überstrahlten Bildpartien.
Beispiel
die
Taschenlampe strahlt die auf der Eichel platzierte Ameise nur seitlich an -
das Streulicht reicht, um einen Akzent zu setzen.
Für den Hintergrund wurde eine schwarze Fototasche aufgestellt, um das
Motiv vor einem dunklen Hintergrund besser freizustellen.
Auch hier sind einige Versuche mit anschliessender Kontrolle auf dem
Kamera- bzw. Computermonitor notwendig, bis das Ergebnis zufriedenstellend
ausfällt.
Step 5: Bildimpressionen und weitere Tipps
Das Bildergebnis
können Sie ganz oben auf der Website sehen - hier folgen ein paar weitere
Beispiele (Mausklick für eine vergrösserte Bildansicht), bei denen eine
Metallklammer als Untergrund und andere Hintergründe gewählt wurde.
Fokus auf die Kopfpartie: als wichtigstes Motivelement sollte sie vor allem
scharf sein. Bei diesem Beispiel kam es auf eine natürliche Farbwiedergabe
der roten Ameise und grösstmögliche Detailliertheit des Kopfes an.
Es wurde daher nur indirektes Licht, das über die Zimmerdecke reflektiert
wurde, eingesetzt.
Die Kamera wurde hier tief unter das Motiv platziert, um eine neue
Perspektive auszuprobieren.
Wirkt die Ameise hier nicht wie ein Hase ?
Hier wurde besonders die Kopfpartie herausgearbeitet, um durch das
Verhältnis zum unscharfen Hinterleib besonders plastisch zu wirken.
Mit der Software wurde das Umfeld entfärbt.
Ein nicht
unwesentlicher Arbeitsschritt liegt hier auch in der Softwarenachbearbeitung, um
u.a. die Schärfe anzupassen und - bei regelmässigen Hintergründen - die Aufnahme
partiell zu entrauschen. Tipps, wie Sie beispielsweise mehr Schärfentiefe
erreichen können und weitere Workshops zur Nachbearbeitung mit Photoshop finden
Sie
hier
Tipp: Noch mehr Infos zum Retroadapter - insbesondere die Zusammenarbeit
mit anderen Objektiven (ausser dem Kitobjektiv) - und ein Vergleich mit
Nahlinsen/Zwischenring finden Sie
hier
Stefan_tf: @Arnim: die Blende wird hardwaremässig schon im Objektiv gespeichert (ist eine Springblende), nur die Kamera zeigt im Display "00" an. Davon nicht irritieren lassen, das ist immer so, wenn keine elektrische Verbindung hergestellt ist.
grüsse
Stefan (02.08.2011, 12:24 Uhr)
Armin: Toller Tip mit dem Retro-Adapter. Funktioniert einwandfrei mit meinem alten EF 35-80.
Ich habe allerdings ein Problem mit meiner EOS500d.
Sobald ich auch bei gedrückter Blendentesttaste das Objektiv ein Stück drehe, verliert er die Blendendaten. Bin ich zu ungeschickt oder geht das mit der 500er nicht? (02.08.2011, 00:51 Uhr)
Stefan_tf: @Markus: du kannst das 18-55'er in Retrostellung weiter an der 5D II benutzen!
grüsse
Stefan TF (01.07.2011, 15:55 Uhr)
Markus: Hallo ich möchte von meiner 450d auf eine 5d mark ii upgraden..kann ich das 18-55 für retromakro behalten ? oder kann ich es mit der 450d verkaufen..da es ja normal nicht an die 5d passt.
gruß Markus (01.07.2011, 15:19 Uhr)
Herbert: Danke für die Antwort, aber das ist ja mein Problem. Ich benutze Stativ, fokussiere mit Hand und mit Automatik. Die Anzeige im Suche zeigt mir auch den exakten Fokussierpunkt an. Aber das Bild ist oft entäuschend. Auch bei ausreichend Licht und zum Sensor reinigen, selbst oder lieber Fachmann?
Danke und Gruß (27.01.2011, 23:35 Uhr)
Stefan_tf: @Herbert: für ausreichend Schärfe exakt fokussieren, Stativ einsetzen, am besten viel Licht, Offenblende nutzen. Die Flecken sind höchstwahrscheinlich Sensorstaub, der im Makrobereich stärker auffällt. Hier müsste der Sensor gereinigt werden. (27.01.2011, 10:42 Uhr)
Herbert: Hallo,mal zwei Fragen: Habe eine Canon 450d mit 18-55 und Tele mit 55-200. 1. Wenn ich ganz ranzoome werden die Bilder bei beiden Objektiven idR immer unscharf. Liegt das am Kit oder ist das physikalisch der unteren Preisklasse zuzuordnen. 2. Bei manchen Fotos erscheinen bei einfarbigen Bildbereichen Flecken auf den Bildern. Beim probieren mit der Makro-Fotografie habe ich gesehen, dass Dreck oder Einschlüsse an den Linsen zu erkennen ist. Kann ich das Objektiv selber öffnen und reinigen oder sollte das lieber ein Fachmann machen. Danke und Gruß (26.01.2011, 22:34 Uhr)
Stefan_tf: @Lenny: du beziehst die Frage vermutlich auf den Anpassungsring. Nein, kein Problem, der Ring erhöht den Abbildungsmasstab nur sehr geringfügig, was jedoch praktisch von untergeordnerter Relevanz ist. (19.12.2010, 11:12 Uhr)
Lenny: Hallo Stefan,
ich besitze das Sigma AF 18-125mm 3.8-5.6 DC OS HSM und möchte mir den Retroadapter mit dem Anpassungsring Stepup 52mm auf 67mm kaufen.
Würde damit Bildqualität oder Abbildungsmaßstab verloren gehen?
Bitte um Antwort.
Lenny (18.12.2010, 11:48 Uhr)
Lenny: Ich hab das an meiner nikon d40 ausprobiert, auch mit dem standardobjektiv, aber eben von nikon,
wenn man den adapter nicht hat, funktioniert das nur schwer, ich hatte angst dass mir unter dem druck von gummibändern irgendetwas zerkratzt, dann hab ich das objektiv einfach auf ein paar heften in gleicher höhe wie die kamera abgelegt und beim fotografieren immer vor die kamera gehalten, war eine ganz schön wacklige angelegenheit, aber es hat doch geklappt, aber längst nicht so gut wie hier, am obkektiv kann das doch eigentlich nicht liegen, es ist doch die gleiche brennweite? brauche ich einen adapter oder warum ist das so?
naja, auf jeden fall danke für den tipp!
ich wollte mir in den nächsten wochen die eos 7d kaufen mit unter anderem dem 'Canon MP-E 65mm F2.8 1-5X MACRO LENS' für rund 1000 euro, mit dem trick hier spart man ja ein ganzes vermögen!
danke :) (26.10.2010, 13:15 Uhr)
Umgangssprachlich sind extreme
Makroaufnahmen Abbildungsgrössen, bei denen das Motiv die Realgrösse
übersteigt (über 1:1-Abbildungsmasstab hinaus). Typische Motive sind
Details von grösseren Käfern oder Schmetterlingen (z.B. Augenpartie oder
Flügelstruktur) bzw. die Möglichkeit, sehr kleine Insekten überhaupt
detailliert zu erfassen. Darüberhinaus lassen sich Mineralien,
Mikroprozessoren, Schneekristalle etc. hochaufgelöster ablichten.
Technisch wird die Nahdistanz der Objektive
herabgesetzt. Dies lässt sich an vorhandenen Objektiven durch Nahlinsen,
Balgengeräte, Zwischenringe oder mittels Retroadapter bewerkstelligen.
Retroadapter bieten in der Regel (mit Weitwinkelobjektiven kombiniert) die
höchste Vergrösserung und sind sehr kostengünstig. Für Canon gibt es aber
auch das spezielle
Lupenobjektiv MPE-65 (ca. 800 - 900 Euro), das bereits
ohne Zusätze im extremen Abbildungsmasstab bei sehr hoher Qualität
ablichtet.
Im extremen Makrobereich liegt die Distanz
von der Frontlinse zum Motiv bei wenigen Zentimetern (ca. 3 - 10cm), so
dass Abschattungsgefahr vorhandener Lichtquellen besteht. Zudem sinkt die
Lichtleistung proportional zur Abbildungsgrösse. Es empfiehlt sich daher
bei ruhenden Motiven der Stativeinsatz am besten mit einem Makroschlitten
kombiniert und/oder der Einsatz von speziell für Makroaufnahmen geeignetem
Blitzlicht. Letzteres ist idR notwendig, wenn Sie lebende Bewegtmotive
bzw. ohne Stativeinsatz fotografieren möchten.
Da im Makrobereich die Schärfentiefe sehr
flach wird, ist es zwecks Dehnung empfehlenswert, die Blende zu schliessen
(hohe Blendenzahl z.B. im Programm AV oder M einstellen). Nachteil: Je
kleiner die Blende, umso weniger Umgebungslicht lässt sich nutzen. Die
Motive lassen sich dann oft nicht mehr scharf ablichten sondern
verschwimmen. Ein Ausweg aus dem Dilemma besteht im Einsatz von
Blitzlicht.
Kamerainterne Blitzgeräte sind meist nicht
optimal, da sie oft durch das Objektiv abgeschattet werden. Daher bietet
der Markt spezielle Makroblitzgeräte an. Üblich sind entweder
Ringblitz-Systeme, die auf die Fronlinse gesteckt werden oder Duo-Blitze,
die über zwei oder mehrere Blitzköpfe verfügen. Letztgenannte
Duoblitzsysteme lassen sich auf Schienensystemen anbringen und sind
Ringblitzen durch eine variantenreichere Lichtabgabe idR überlegen (es
lässt sich bedarfsweise auch seitliches Licht auf das Motiv werfen).