Wer eine höhere Auflösung bevorzugt, kann sie auch mit diesbezüglich weniger opulent ausgestatteten Kameras nahezu beliebig steigern. Aus einem 10 Megapixel-Foto gelingt in wenigen Schritten problemlos ein 100-Megapixel-Bild!
Ein Traumflieger-Report von Stefan Groß
Die Auflösung einer Kamera läßt sich praktisch beliebig steigern. Dafür nutzt man eine etwas größere Brennweite und unterteilt ein Motiv in mehrere Segmente, nimmt diese einzeln auf und fusioniert das ganze nachträglich mit einem entsprechendem Programm. Der Trick dabei ist also aus der Panorama-Fotografie bekannt, aber oft wird diese Möglichkeit in der Praxis schlichtweg vergessen.
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Um die Auflösung nahezu beliebig zu steigern, bedienen sich Panorama-Profis meist eines aufwändigen Panoramakopfes, auf dem Kamera und oft ein lichtstarkes Teleobjektiv mit 300 - 400mm-Brennweite montiert sind. Das ganze wird häufig auch mit motorisierten Köpfen durchgeführt und ein Motiv - meist städtische Ansichten - in mehreren hundert oder gar Tausenden von Einzelbildern abgelichtet. Die Bilder werden später mit einem Stitching-Programm montiert und das Ergebnis nennt sich dann "Giga-Pixel-Panorama".
Doch so aufwändig muß es nicht sein. Vielfach reicht es, ein Foto mit wenigen Einzelbildern in zwei oder drei Reihen abzulichten. Ist genügend Abstand vorhanden und stören dabei auch keine Vordergrundmotive, dann läßt sich das auch ohne aufwändige Hilfsmittel bewerkstelligen. Spätere Montageprobleme sind dann eher selten zu erwarten, bei denen sich ggf. wegen Verschwenkfehlern bzw. weil das Objektiv nicht sauber im Nodalpunkt geschwenkt wurde, die Verrechnung nur mit störenden Nahtstellen durchführen läßt.
Nachfolgend zeige ich einige hochaufgelöste Bildbeispiele, die ich alle frei aus der Hand mit der Panasonic Lumix FZ1000 (20 Megapixel) in der Endbrennweite schnell abgelichtet habe. Das erste Beispiel ist eine Kamera EOS 7D Mark 2, die aus 4 Einzelbildern montiert ist. So ergibt sich ein 57 Megapixel-Foto. Einige Schautafeln bzw. einen Schaukasten mit Insektenpräparaten habe ich dann mit mehreren Einzelaufnahmen ebenfalls "quick & dirty" per Freihandtechnik aufgenommen und mit der Photoshop-Panorama-Funktion montiert. Dabei sind dann Auflösungen oberhalb von 100 Megapixel herausgekommen mit einer entsprechenden Zoommöglichkeit (zum Vergleich ist auch ein 36-Megapixel-Einzelfoto aus der Sony A7R zu sehen).
Nicht nur im Nahbereich funktioniert der Trick, sondern auch Motive wie interessante Bauwerke oder Hotspots in Naturlandschaften lassen sich so erheblich detaillierter einfangen.
Aus 12 - 13 Bildern wird ein 100 Megapixel-Foto
Die Auflösung läßt sich leicht ermitteln. Normalerweise empfiehlt sich ein Überlappungsbereich von 25%, damit die Stitching-Programme genügend Anschlußfläche finden. Da man den Anschluß meist für zwei Seiten benötigt, verbleiben also 50%. Wird ein Motiv von einer 20 Megapixel-Kamera anstelle im Weitwinkel und einem einzigen Foto mit einem Teleobjektiv in 10 Bildern erfaßt, so ergibt sich ein 100 Megapixel-Foto. Frei aus der Hand wird man aber eher mehr Anschlußfläche berücksichtigen, um Anschlußfehler zu vermeiden. In der Praxis erreicht man daher meist mit 12 - 13 Aufnahmen ein 100 Megapixel-Bild.
Zu berücksichtigen gilt, dass einem eine ordentliche Telebrennweite zur Verfügung stehen sollte, da man sich den Motiven ja nicht immer beliebig nähern kann. Im Nahbereich ist zudem die Grenze bei der Mindestdistanz erreicht, unterhalb derer nicht mehr - ohne Hilfsmittel - scharfgestellt werden kann. Gehts in den Makrobereich hinein, ist man noch eher mit einer zu geringen Schärfentiefe konfrontiert, hier kann man sich ggf. kombinierter Techniken mit einer zusätzlichen Fokus-Stacking-Reihe weiterhelfen. Dies gelingt aber selten sauber aus der freien Hand. Von Vorteil sind hier eher kleinere Bildsensoren, die eine höhere Schärfentiefe liefern und wegen Brennweitenverlängerung eher in den Telebereich vordringen.
Bewegtmotive sind problematisch
Die Technik hat natürlich gewisse Grenzen, denn Bewegtmotive sind schwer sauber miteinander zu montieren. Auch sollte stets ein gewisser Abstand zum Motiv eingenommen werden, nicht nur aus Gründen einer zu geringen Schärfentiefe, sondern auch, um Parallaxen-Verschwenkfehler zu vermeiden. Motive mit sich stark wiederholenden Bildelementen lassen sich ebenfalls nur schwer montieren. Bei einem Versuch ein Keybord (Synthesizer) mit mehreren Abschnitten zu verrechnen, scheiterte sowohl PTGui Pro als auch Photoshop, einfach weil die Tastatur sich in den Einzelbildern zu sehr wiederholt und nicht zueinander ausdifferenziert ist.
Kameraeinstellungen
Grundsätzlich empfehlen sich feste Kameraeinstellungen im Programm M mit fixen Werten für Blende, Zeit und ISO-Wert. Auch der Weissabgleich sollte vom meist genutzten AWB umgestellt werden auf ein anderes WB-Programm, sonst ergeben sich schnell farbige Schattierungen der Einzelabschnitte. Im RAW-Format kann man das allerdings auch nachträglich korrigieren und den Weißabgleich später einstellen. Vielfach bin ich aber auch mit halbautomatischen Einstellungen zu guten Ergebnissen gekommen unter Verwendung des Autofokusbetriebs (Programm A bzw. AV) - nur birgt das manchmal doch ein gewisses Risiko in sich, daß z.B. der Fokus in Einzelabschnitten verrutscht und die Helligkeit zu stark variiert.
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alter Hut? Für Panorama-Profis ist so ein "100 Megapixel-Trick" natürlich nichts Neues. Ich selbst mache Gigapixel-Panoramen auch schon seit längerem immer mal wieder. Dennoch vergesse ich häufig, daß ich mit 5 - 6 Freihandaufnahmen die Auflösung eines Motivs erheblich steigern und oft in einer sehr guten Qualität einfangen kann. Daher also der hier plakativ dargestellte Trick. Multibildtechniken sind ja auch schon in einige neuere Kameras eingezogen, wie etwa bei der Multishot-Rauschunterdrückung oder HDR-Funktion. Mehrere Bild sagen idR eben mehr als ein einziges!
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Die Software-Verrechnung
Softwareseitig gibt es mehrere Möglichkeiten, Einzelfotos zu einem größeren "100-Megapixel-Foto" zu verrechnen. Canon bietet im Lieferumfang seiner Kameras das Programm "Canon Photostich", das mit Brennweiten oberhalb von ca. 20mm recht gut umgehen kann. Kostenlos ist das sehr mächtige Programm Hugin, das etwas Einarbeitung braucht, dann aber einen schnellen Workflow und gute Ergebnisse ermöglicht. Testweise kann man auch das Programm "Photostitch" nutzen.
Wer etwas anspruchsvollere Software bevorzugt, ist mit PTGui oder auch Autopano von Kolor sehr gut bedient.
Persönlich nutze ich für schnelle Montagen nach der hier vorgestellten Technik gerne auch Photoshop mit der Panorama-Funktion. Mein Workflow sieht dann so aus, dass ich nach Import der Einzelbilder in Adobe Lightroom diese ggf. noch etwas optimiere, die jeweils zusammengehörigen selektiere und über die rechte Maustaste den Kontexteintrag "Bearbeiten in...">"In Photoshop zu Panoramabild zusammenfügen" wähle. In Photoshop geht dann das Dialogfenster "Photomerge" auf, das dann alle Einzelbilder vorbelegt anzeigt und die Option "zusammen überblenden" angehakt anbietet. Hier bestätige ich einfach mit der "OK"-Schaltfläche ohne irgendwelche Änderungen. Die Verrechnung geschieht dann meist innerhalb weniger Augenblicke, wenn ich nicht zu viele Einzelbilder verrechne.
Gelingt die Montage überhaupt nicht, wende ich alternativ das Programm PTGui Pro (oder auch Kolor Autopano) an. PTGui geht etwas intelligenter vor, weil es Korrekturprofile für einzelne Objektive und Brennweiten berücksichtigt. Vor allem aber Aufnahmen mit Weitwinkelobjektiven gelingen in PTGui wesentlich besser, weil die Objektiv-Weitinkelverzeichnung berücksichtigt wird. Hier sei jetzt nicht die Panorama-Verrechnung gemeint, um den Bildwinkel zu erweitern sondern ein "100-Megapixel-Foto" von Motiven aus sehr geringem Abstand, für die eine Telebrennweite bereits zuviele Einzelabschnitte generieren würde.
Weitere Multishot-Bildtechniken
Mehrere miteinander verrechnete Einzelbilder lassen nicht nur eine fast beliebige Auflösungssteigerung zu, man kann auch die Dynamik, die Schärfentiefe oder das Rauschniveau optimieren. Bei der HDR-Fotografie wendet man idR eine Reihenbelichtung an, die aus mehreren miteinander verrechneten Einzelbilder ein Foto mit erhöhter Bildynamik liefert, bei dem weder die Schatten noch Spitzlichter zerstört sind, wie es bei einem Einzelfoto schnell geschieht.
Das Rauschniveau läßt sich zudem durch Verrechnung mehrerer Einzelbilder erheblich absenken. Dabei kann man sogar einen höheren ISO-Wert nutzen und lichtet das Motiv mehrfach nacheinander ab. Später werden diese Bilder durch Mittelwertbildung zu einer Einzelaufnahme fusioniert und das ISO-Rauschen erheblich abgesenkt. Neuere Kameras - auch Canon DSLR wie die EOS 6D, 7D Mark 2, EOS 70D - bieten auch kameraintern diese als Multishot-Rauschunterdrückung bezeichnete Technik. Hier wird die ISO-Einstellung MR gewählt, bei der dann 4 Einzelaufnahmen automatisch nacheinander ausgelöst und zu einer Einzelaufnahme kameraintern verrechnet werden. Das wird derzeit jedoch nur für JPEG-Bilder geboten. Wer die Technik auf mehrere Bilder und ggf. im RAW-Format durchführen möchte, kann sich die Rauschreduktions-Technik hier im Video ansehen.
Um die Schärfentiefe zu erhöhen, bedient man sich der Technik des Fokus-Stackings. Hier wird die Schärfeebene z.B. mit Hilfe eine Makroschlittens oder durch eine leicht verschobene Schärfenebene im manuellen Fokusbetrieb verlagert. Später wird mit einem entsprechenden Programm wie Helicon Focus oder auch mit Photoshop die Schärfentiefe durch Verrechnung zu einem Einzelbild erhöht. Mehr dazu finden Sie im Tipp "Schärfentiefe durch Fokusstacking erhöhen"!
Die Multibildtechniken lassen sich auch miteinander kombinieren, wie ich hier anhand eines Baumstammes als Gigapixel-Bild demonstriere (incl. Making of-Video)!
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