Ausstattung - Demo-Video - Bildqualität - Direktvergleich zum Canon 35mm/ 2 IS USM - Fazit - Technische Daten - Rangliste - Links - Leserkommentare
teuer aber gut
Canon EF 35mm /1,4L II USM im Test
Seit Herbst 2015 bietet Canon das überarbeitete EF 35mm/1,4L II USM. Mehr Bildschärfe und geringere Farbsäume verspricht der Hersteller durch eine optische Neukonstruktion. Wie scharf ist der lichtstarke und rund 2.000 Euro teure Weitwinkel wirklich? Wir machen den Test u.a. am 50 Megapixel-Sensor einer EOS 5Ds!
Canon setzt ein neues optisches BR-Element (Blue Spectrum Refractive) ein, das aus organischen Materialien besteht und das Licht mit kurzer Wellenlänge punktgenau fokussierbar machen soll. Somit will Canon weniger Farbsäume erzielen, als dies selbst mit teuren Fluorid- bzw. ultra Low Dispersion-Linsen möglich wäre.
Daneben enthält das Update zum seit 1998 erhältlichen Vorgänger auch eine Nanovergütung mit Subwavelenght Structur Coating zur Unterdrückung von Linsenflecken und Geisterbildern. Leichter abperlende Wassertropfen an Front- und Rücklinse soll durch eine Fluorid-Vergütung gewährleistet werden. Ansonsten ist das 35mm/1,4L II auch gegen Staub und Spritzwasser geschützt und bietet im Lieferumfang eine Streulichtblende.
Das Gewicht ist von vormals 580 auf 760gr angewachsen. Canon ruft eine Preisempfehlung von 2.049 EUR aus.
Konkurrenz hat das Canon durch ein Sigma 35mm / 1,4 Art, Samyang bzw. Walimex Pro 35mm/1,4 aber auch durch die etwas weniger lichtstarke Klasse wie z.B. einem Canon 35mm/2 IS USM oder Tamron 35mm/1,8 Di VC USD.
Demo-Video (ca. 18min)
Traumflieger-Tipp: großer Stativ-Test!
Haptik und Ausstattung
Haptisch bewegt sich das Canon 35mm/1,4L II USM auf einem hohen L-Niveau. Dabei ist der Tubus zwar in Kunststoff verschalt aber äußerst robust ausgeführt. Eine Distanzskala mit Schärfentiefemarkierungen sowie ein AF/MF-Umschalter sind die wenigen Elemente. Der breite Einstellring ist gummiert und bietet Vollzeiteingriff in die Fokussierung. Ein Filteranschluss von 72mm sowie Metallbajonett mit Dichtungsring sowie eine im Lieferumfang enthaltene, rastende Streulichtblende komplettieren die Features.
Der Autofokusantrieb wird mit Ultraschall durchgeführt. Wir haben von unendlich auf 1m an der EOS 5Ds eine sehr kurze Scharfstellzeit von 0,29s (OneShot) gemessen. 9 Blendenlamellen bieten Potenzial für ein weiches Bokeh bzw. lassen abgeblendet die Sonne bzw. Kunstlichtquellen mit 18 Armen zerstrahlen.
Die 760gr sind durchaus spürbar. Zwar wirkt das Canon am Vollformat nicht direkt kopflastig, aber eine stützende linke Hand wirkt dennoch etwas entlastend.
Bildqualität
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CA's noch erkennbar: Farbsäume sind auch am Canon 35mm/1,4L II bei Kontrastkanten erkennbar. Rechts im Vergleich das Canon 35mm/2 IS USM erzeugt hingegen leichte, halbtransparente Säume (oben am Lampenkopf, 100%-Ansicht RAW).
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Mit einer sehr guten zentralen Auflösung kann das Canon 35mm/1,4L II USM bereits bei der eigentlich kritischen Offenblende sogar an einem 50 Megapixel-Sensor überzeugen. Der Rand bzw. vor allem die Ecken fallen aber etwas ab, bleiben aber auf einem Niveau noch oberhalb der Konkurrenz (vom Sigma 35mm/1,4 Art abgesehen). Dennoch will auch das Canon etwas abgeblendet werden, um die Schärfeleistung weiter zu steigern. Farbsäume sind trotz des neuen BR-Elements im Rand bzw. an harten Kontrastkanten noch erkennbar aber insgesamt mit bis zu 5 Pixel moderat ausgeprägt. Am Canon 35mm/2L IS USM werden zwar Farbsäume auch nicht auffälliger, dafür können teils teiltransparente Konturen an Kontrastkanten bzw. im äußeren Randbereich auffällig werden, die am Canon 35mm/1,4L II so nicht zu sehen sind.
Verzeichnungen spielen praktisch keine Rolle. Vignettierungen sind zwar bei f1,4 mit bis zu 2,8EV noch erkennbar aber sie betreffen nur die äußersten Ecken und verschwinden dann ab f2,8 fast vollständig. Am Canon 35mm/2 wird hingegen bei f2 eine größere Fläche von Randabdunkelungen tangiert, die ab f2,8 jedoch kaum mehr auffällig wird.
Im Nahbereich lässt sich das Canon bis auf rund 12cm Frontlinse-Motiv heranbringen und zeigt hier bereits detaillierte Ansichten schon bei Offenblende. Auf Mindestdistanz wird ein maximaler Abbildungsmaßstab von 0,21 bzw. 17cm am Vollformatsensor in der Breite formatfüllend erfassbar.
Labor-Ergebnisse
Die Laborauswertung bringt an einer 5D II / III im Schnitt 2.025 Linien, wobei das Canon 35mm/1,4 schon bei f2,8 im Zentrum zur Höchstform aufläuft. Der äußerste Rand fällt hingegen bei Offenblende mit 1.154 Linien noch etwas ab. Ähnlich sieht es beim Canon 35mm/2 aus, wo die Offenblende im Schnitt 1.660 Linien erreicht (gegenüber bei f2 von 1.871 Linien am Canon 35mm/1,4L II) und der Rand mit 1.258 Linien etwas schwächer bleibt. Gegenüber dem Vorgänger Canon 35mm/1,4L USM ("Mark I") mit durchschnittlich 1.712 Linien gibt sich die Mark II-Version erkennbar schärfer, wobei Zentrum und Rand zulegen.
An einer EOS 5Ds legt das Canon 35mm/1,4L II ordentlich zu und liefert im Schnitt 3.260 Linien, kann sich hier aber nicht von einem Canon 35mm/2 IS USM absetzen. Punkte kosten das 35mm/1,4L II vor allem die äußersten Ecken, die auch auf größere Distanzen etwas nachlassen - bei unserem Testmuster ist hier vor allem der linke Eckbereich deutlich unschärfer, was auch an einer 5D II zu sehen ist.
Autofokus
Der Autofokus arbeitet am Canon 35mm/1,4L II sehr schnell und benötigt bei Tageslicht von 1m auf unendlich an unserer 5Ds lediglich 0,29s. Da kommt etwa ein Tamron 35mm/1,8 mit 0,89s nicht ganz mit, während ein Canon 35mm/2 IS USM mit 0,24s ähnlich flott arbeitet.
So ganz zielsicher ist der sucherbasierte AF-Betrieb (OneShot) an der EOS 5Ds in Kombination mit dem Canon 35mm/1,4L II USM allerdings nicht immer. Die letzte Schärfe fehlt ihnen, während wir mit dem kontrastbasierten AF in der Liveview regelmäßig noch detailliertere Ergebnisse erzielen. Hier empfiehlt sich ggf. auch eine Autofokusfeinabstimmung, wenn man mit den minimalen, nicht allzu drastischen Unschärfen nicht leben möchte. Auch beim Test an einer EOS 6D, 5D II / III zeigte sich der sucherbasierte OneShot-Betrieb am Canon 35mm/1,4L II nicht immer 100%-zielsicher.
Direktvergleich, 100%-RAW
(Canon 35mm/2 IS USM - Canon 24-70mm/2,8L II, Mitglieder-Version)
Im Direktvergleich an der 50 Megapixel auflösenden EOS 5Ds (bitte einzoomen für 100%-Ansicht) zeigt das Canon 35mm / 1,4L II USM die beste zentrale Schärfe aber setzt sich nicht wesentlich vom 35mm/2 IS USM ab. Gegenüber dem Canon 24-70mm/2,8L II USM ist die Randschärfe allerdings deutlich gesteigert (RAW-Format)!
Alle Bildbeispiele finden Sie hier in der Mitglieder-Version!
Fazit
Canon legt mit der Mark II vor allem gegenüber dem Vorgänger deutlich zu und liefert insgesamt mehr Schärfe. Aber auch gegenüber den meisten Konkurrenten bringt das Canon 35mm/1,4L II USM schon bei Offenblende mehr Details sowohl im Zentrum als auch Randbereich. Farbsäume sind generell gering ausgeprägt aber letztlich nicht vollständig eliminiert. Positiv ist die geringe Vignettierung, die bei Offenblende zwar in den äußersten Ecken noch zuschlägt aber insgesamt wenig auffällig ist. Lensflares spielen im Gegenlicht (bei Tage) praktisch keine Rolle.
Letztlich muss man der hohen Lichtstärke aber durch ein schon spürbares Solo-Gewicht von 760gr Tribut zollen. Canon fordert mit rund 2.000 Euro auch einen saftigen Preis, der sich aber rechtfertigen kann, wenn man maximale Qualität realisieren möchte. Letztlich ist das Canon aber noch nicht ganz perfekt und liegt messtechnisch vor allem im Randbereich hinter einem Sigma 35mm/1,4 Art noch etwas zurück. Beim Autofokusbetrieb ist man sucherbasiert an beiden Modellen mit gewissen Unwägbarkeiten konfrontiert und sollte hier ggf. auf einen Live-Autofokus bzw. eine Autofokusfeinjustierung zurückgreifen.
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lieber leichter: Man kann lange hin und her überlegen. Wer auf ein Canon-Original-Objektiv zurückgreifen möchte, wird am 35mm/1,4L II USM in der 35mm-Klasse die insgesamt bestmögliche Bildqualität realisieren können. Ich persönlich schwanke aber zwischen einem Sigma 35mm/1,4 Art, das noch einen Kick mehr an Randauflösung (an einer bislang getesteten 5D II/III) liefert und einem Canon 35mm/2 IS USM.
Das Canon 35mm/2 IS USM hat nicht nur den Bildstabilisator sondern ist mit 335gr leichter und liegt in der Praxis von der Abbildungsleistung insgesamt doch auf Augenhöhe zur 1,4-Klasse. Auch wenn ihm eine Lichtstufe fehlt und es bei Offenblende etwas vignettiert. Es ist ähnlich robust verschalt, mit derzeit rund 480 EUR aber wesentlich günstiger und deutlich mobiler.
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Einsatz am Adapter
- An einer Sony A7 II (oder A7R II) per Traumflieger Automatik-Adapter (Canon EF>Sony Nex) erreichen wir eine Autofokuszeit von 0,5s. An neueren A7-Modellen (Mark II) lässt sich zudem ein Bildstabilisator nachrüsten (IBIS).
- Beim Test an einer m4/3-Systemkamera via Automatik-Adapter (Canon EF>m4/3) wird zwar kein Autofokusbetrieb unterstützt, dafür kann an einer Lumix GX8 aber einen InBody-Stabilisator nachrüsten, der allerdings per Lupenfunktion nicht aktiv wird. Ansonsten können wir an Panasonic-Modellen auch die Blendensteuerung nutzen.
- In Retrostellung via automatischem Retroadapter (und Anpassungsring 72>58mm) wird an der Canon DSLR der AF-Betrieb und die Blendensteuerung unterstützt. Man kann so einen Abbildungsmaßstab von rund 2:1 realisieren bzw. 1,8cm formatfüllend in der Breite erfassen. Jetzt ist die Frontlinse aber schon ca. 2 - 3cm ans Motiv herangerückt. Fokussierung auf Unendlich oder größere Abstände kann man so nicht einnehmen. Der Autofokusbetrieb setzt gute Lichtverhältnisse und Kontraste voraus.
- An einem Nodalpunkt-Adapter (Panorama-Kopf) können wir noch mit einer relativ kurzen Schiene bei ca. 11cm Länge den Nodalpunkt mit dem Canon 35mm / 1,4L II USM erreichen. Z.B. mit dem Traumflieger Intellishoot Pro Mark 2.
- sehr gute Lichtstärke mit f1,4
- sehr gute zentrale Auflösung bereits bei Offenblende, gute Randauflösung
- hochwertige Ausführung mit robuster Kunststoff-Verschalung
- insgesamt noch überzeugend laufender Scharfstellring (wenngleich etwas Spiel)
- gute Nahbereichsfähigkeiten (0,21x Abbildungsmaßstab)
- geringe Anfälligkeit für Farbsäume (Farbquerfehler) und Vignettierung
- axiale chromatische Aberrationen gering ausgeprägt
- kann in Retrostellung einen Abbildungsmaßstab von ca. 2:1 realisieren
- Distanz-Skala
- sehr geringe Verzeichnung
- mit 72mm noch filterfreundlicher Durchmesser
- geringe Anfälligkeit gegen Linsenflecken, kontrastreich im Gegenlicht
- Staub- und Spritzwasserschutz
- Front- und Rücklinse mit Fluoritvergütung lässt Wassertropfen leichter abperlen
- Streulichtblende im Lieferumfang
- Nodalpunkt noch mit relativ kurzer Schiene erreichbar (ca. 11cm)
- äußerste Ecken dürften insbesondere abgeblendet noch schärfer sein
- Autofokus bei unserem Test sucherbasiert nicht immer 100% treffsicher
- mit 760gr schon spürbares Eigengewicht
- Scharfstellring nicht ganz spielfrei
- CA's sind - trotz neuen BR-Elements - noch erkennbar
- relativ teuer
Das Canon 35mm / f1,4L II USM hier bei Calumet kaufen
Technische Daten
UVP / Straße (Stand 05/2016) |
2.049 EUR / ca. 1.900 EUR (kaufen hier bei Calumet) |
Markteinführung |
Oktober 2015 |
Gewicht |
760gr, incl. Schutzkappen/Streulichtblende: 820gr
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Bajonett |
Canon EF (vollformat-komptibel, auch an APS-C ansetzbar) |
Brennweite |
35 mm |
Naheinstellgrenze |
28 cm |
Abbildungsmaßstab |
0,21 |
optische Elemente |
14 Linsen in 11 Gruppen (1 BR-Element, 2 asph. Linsen, 1 UD) |
Filteranschluss |
72 mm |
Anzahl Lamellen |
9 |
Blendenumfang |
f 1,4 - f 22 |
Bildstabilisierung |
nein |
AF-Motor |
Ultraschall |
Maße |
106 x 80 mm (Länge x Durchmesser) |
Lieferumfang |
Frontdeckel, Rückdeckel, Streulichtblende |
Besonderheiten |
Staub- und Spritzwasserschutz, Fluorit-Vergütung Front- und Rücklinse |
weiterführende Links