Portable Studioblitze neigen leider dazu, ekelhaft teuer zu sein. Bei Elinchrom, Multiblitz oder Profoto Geräten geht recht schnell das Nutzen/Vernunft Verhältnis für Menschen, die ihr Geld nicht mit Fotografie verdienen gegen Null. Vor allem bei den leistungsstarken Geräten, die ich für meine Zwecke benötige.

Erfreulicherweise gibt es allerdings aus China mitterweise Alternativen, die man für unter 1000,- Euro bekommt und die damit in zumindest halbwegs bezahlbaren Regionen liegen. Zum Beispiel den Jinbei DC II 1200.
Also habe ich mir so ein Set bestellt, vorgestern erhalten und gestern ausprobiert.

Das Set besteht aus einem Generator mit Li-Ionen Akku und 2 Anschlussbuchsen für Blitzköpfe, einem Blitzkopf (mit Bowens Anschluss für Lichtformer), einem Normalreflektor, Verbindungskabel und Funkauslöser sowie etwas Kleinkram. Der mitgelieferte Funkauslöser ist für das was ich machen möchte allerdings nicht geeignet.
Mit 1200 Wattsekunden Leistung (laut Beschreibung entspricht das umgerechnet Leitzahl 108 ) hat das Ding richtig "Bumms".
Wie alle Studioblitze ist der Jinbei "doof". Kein ETTL, keine automatische Leistungsregelung, keine Kommunikation mit der Kamera ausser dem Auslösesignal.
Allerdings hat er eine Eigenschaft, die eigentlich normalerweise als übler Nachteil angesehen wird. Die Abbrennzeit der Blitzröhre ist mit 1/800 bis 1/1200 im Vergleich zu den "Profimarken" sehr lang. Dieser "Nachteil" wird allerdings in Kombination mit dem Yongnuo 622C Funkauslöserset zu einem Vorteil. Im Gegensatz zu den schnelleren Blitzköpfen der "Profimarken" erlaubt die lange Abbrennzeit des Jinbei Hypersync. Das entspricht im Prinzip in etwa dem HSS Modus bei Aufsteckblitzen und erlaubt Verschlusszeiten der Kamera deutlich unterhalb der normalen Synchronzeit von 1/160stel bis runter auf 1/8000stel. Mit dem mitgelieferten Funkauslöser funktioniert das übrigens nicht, deshalb das Yongnuo Set.

Wozu braucht man das?

Die hohe Leistung und die kurzen Verschlusszeiten sind Voraussetzung für verschiedene Outdoor-Blitz-Setups wie z.B. eine Geschichte die nach einem Truffaut-Film als "American Night" bezeichnet wird. Dabei stellt man die Kamera so ein, dass das Umgebungslicht deutlich (1,5-2Blenden) unterbelichtet ist und das Motiv durch den Blitz korrekt belichtet wird. Möchte man dies mit einer offenen Blende kombinieren, erreicht man sehr schnell Verschlusszeiten deutlich schneller als 1/160stel. Deshalb braucht man Hypersync.
Die mit dieser Blitztechnik erreichbaren Ergebnisse haben "out of the cam" bereits einen sehr krassen, spektakulären Look, den ich sehr mag.

Gestern bei mir um die Ecke an der Elbe habe ich das mal ausprobiert. Mein Kumpel Dirk musste als Model herhalten. Obwohl es nicht so aussieht, sind die ersten beiden Bilder nicht stark bearbeitet. Lediglich ein wenig Tiefen/Lichter und Klarheit in Lightroom und mit einer leichten Vignette versehen. Beim S/W Bild waren allerdings auch Nik Filter am Werk .

Ich bin ziemlich begeistert von dem Set und freue mich auf ganz viel "Sonne wegblitzen" Fotos diesen Sommer.
Mein erstes Fazit (nach zugegeben erst ein paar Probebildern):
- Funktioniert prima
- mit < 10 Kg relativ leicht und transportabel
- macht bislang für einen bezahlbaren Betrag genau das, was es soll

comp__UJ_9000-Bearbeitet.jpg
Beschreibung:
Dateigröße:	225.61 KB
Angeschaut:	7714 mal

EXIF Information  Details
Kamera-Hersteller	Canon	Kamera-Modell	Canon EOS 5D Mark III
ISO-Wert	100	Brennweite	85mm
Belichtungszeit	1/6400 seconds	Blende (F-Zahl)	f/2.8

comp__UJ_8974-Bearbeitet.jpg
Beschreibung:
Dateigröße:	341.04 KB
Angeschaut:	7714 mal

EXIF Information  Details
Kamera-Hersteller	Canon	Kamera-Modell	Canon EOS 5D Mark III
ISO-Wert	100	Brennweite	45mm
Belichtungszeit	1/4000 seconds	Blende (F-Zahl)	f/4.0

comp__UJ_8981-Bearbeitet.jpg
Beschreibung:
Dateigröße:	311.33 KB
Angeschaut:	7714 mal

EXIF Information  Details
Kamera-Hersteller	Canon	Kamera-Modell	Canon EOS 5D Mark III
ISO-Wert	100	Brennweite	24mm
Belichtungszeit	1/4000 seconds	Blende (F-Zahl)	f/4.0

Ein interessanter Bericht, danke dafür. Zu den Bildern: Mir persönlich gefällt es nicht, wenn man den Blitzeinsatz so stark erkennen kann, aber das ist ja erstens Geschmacksache und zweitens genau das, was du erreichen möchtest.

Wolfgang

Hallo,

vielen Dank für den Erfahrungsbericht und die Anleitung. Ich befinde mich, was Blitze betrifft, noch in der Anfangsphase und mache mich gerade mit dem Entfesseln vertraut.

Die Fotos haben einen künstlichen Touch und sind auf jeden Fall mal etwas anderes.

LG
Claudia

Man kann natürlich auch "normale" Bilder mit dem Blitz machen. Das Besondere im Vergleich zu anderen Geräten ist aber die zusätzliche Möglichkeit durch die Hypersync-Fähigkeit auch etwas seltsamere Dinge wie diese American Night Sache zu machen. Und das für die Hälfte bis ein Drittel des Preises den man etablierter Marken für ähnlich leistungsstarke Geräte anlegen muss.

Fotografiert man eher indoor tuts übrigens auch ein deutlich leistungsschwächeres Exemplar mit vielleicht 400 Wattsekunden. Die kosten dann in der China-Ausführung zwischen 300 und 500 Euro. Weniger als der große orginal Canon Aufsteckblitz. Und sollen auch sehr sehr gut sein.
Weil ich aber auf ein wenig Drama, seltsamen Look und trotz praller Mittagssonne blitzen stehe, musste es für mich die große Variante sein .

Wie Wolfgang schon schrieb: Alles eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Hallo,

mein Kommentar war jetzt auch nicht negativ gemeint. Ich hoffe, Du hast mich da nicht falsch verstanden!

LG

Nein, natürlich nicht !

Ich dachte nur, ich schreibe noch dazu, dass der Porty natürlich auch ganz normale Bilder machen kann. Nicht das jemand den Eindruck bekommt, man könnte damit nur Sachen mit leicht überdrehtem Look erzeugen .

Puh, da bin ich ja beruhigt!

Hey
Ob diese Art Blitzen nun meinen Geschmack trifft, mal außen vor, aber etwas anderes fällt mir positiv auf:

Nomalerweise, dh mit Blitz auf oder in der Nähe der Kamera hat man bei Outdoorfotos einen sehr deutlich sichtbaren Lichtabfall in die Bildtiefe hinein, wenn das Objekt in zB 5m Entfernung korrekt asusgeleuchtet ist, so ist der Vordergrund, dh der Boden bis dorthin stark überbelichtet, steht der Blitz jedoch weiter weg, macht sich der Lichtabfall viel weniger bemerkbar.

Gruß martin

Wie ermittelst Du die Belichtung, externer Belichtungsmesser mit % Angabe für den Anteil des Blitzlichtes?

RSR

Ich habe leider keinen Belichtungsmesser. Also sozusagen und im wahrsten Sinne "zu Fuss".
Zuerst habe ich die Kamera (natürlich im Modus M) so eingestellt, das die Szene ca. 2 Blenden unterbelichtet war. Danach den Blitz etwa 3-4 Meter vom Motiv aufgestellt, ordentlich Power gegeben (war ja fast direkt gegen die Sonne) und mir dann das Ergebnis auf dem Kameradisplay und per Histogramm angesehen. Die Korrektur der Blitzstärke erfolgte dann wie geschrieben zu Fuss: "Geh mal bitte einen Schritt vom Blitz aus nach hinten...". War ja kein Problem und reichlich Platz. Nach 2-3 Testbildern passte es dann für meinen Geschmack und das was ich bei diesem ersten Versuch erreichen wollte.

Mittelfristig kriege ich allerdings auch noch einen Belichtungsmesser. Wenn man mehr als eine künstliche Lichtquelle verwendet oder nicht Platz ohne Ende hat ergibt das sicherlich Sinn. Außerdem wirkt es für Models die man nicht kennt zweifellos professioneller .

Der Sekonic L-758DR ist für solche Sachen gut geeignet. Neben der exakten Bestimmung des Blitzlichtanteiles kann man auch recht hilfreich Profile für den Belichtungs(dynamik)bereich der Kamera erstellen mit entsprechender Graukarte oder einem Colorchecker.

RSR

Der sieht mir aber zumindest im Bezug auf den Preis ein wenig wie der "Mercedes" unter den Belichtungsmessern aus... Muss mich mal schlau machen, was für Funktionen ich benöige.