DSLR-Fernauslöser mit iPod und iPhone

ein Traumflieger-Report

Eine der wenigen "App"-Perlen für DSLR-Fotografen ist DSLR Camera Remote. Mit dem Programm lassen sich via iPod Touch & Co digitale Spiegelreflexkameras kabellos auslösen. Livebild, Parameterzugriff, Belichtungsreihe und Timer stehen für Canon und Nikon DSLR bereit. Wir zeigen wie es funktioniert.

Gleich zu Anfang ein Dämpfer: die Kamera muss mittels USB-Kabel mit einem Computer verbunden sein. Das iPod Touch/iPhone oder iPad* kommuniziert über WLAN-Verbindung mit dem Rechner und greift so kabellos auf die Kamera zu. Man ist also stets im Dreierverbund unterwegs: Rechner (z.B. Netbook), Kamera und mobiles Smartgerät.

Die Geschichte ist in unserem Fotostudio interessant, denn hier ist unsere Canon DSLR sowieso mit einem Rechner verbunden. Mit der App können wir uns noch freier bewegen, das Livebild auch direkt im (iPod-)Fernauslöser sehen, dort die Werte schnell ändern und haben das Motiv stets im Blick. Unser grosser Computer-Bildschirm steht ansonsten nicht immer im passenden Blickwinkel. Die Kamerasteuerung via iPod ist zudem intuitiv und flott.

Mit einem Netbook oder leichten Notebook ist man auch ausserhalb des Studios noch einigermassen mobil und kann am smarten Bildschirm z.B. Motive leichter inszenieren. Weitere Vorteile erzielt man beim kabellosen Blitzen auch draussen.  Sollen die Kompaktblitzgeräte dezent verborgen werden und die Lichtwirkung direkt aus der Hand beim Platzieren abgeschätzt werden, dann ist die Kombi aus iPhone/Notebook und Kamera durchaus eine vorteilhafte Lösung.

*iPad wird lt. Hersteller mit einer separaten App ab Ende Nov. 2010 vermutlich mit dem dann von Apple bereitgestellten iOS 4.0 unterstützt.

 

Funktionen

Die App "DSLR Camera Remote Pro" kann generell fünf Werte manipulieren: Blendenzahl, Belichtungszeit, ISO-Wert, Weissabgleich und Bildqualität; in einigen Programmen ist auch die mittlere Belichtungsstufe änderbar. Damit sind die wichtigsten Kameraparameter im direkten Zugriff. Komfortabel ist die geschwindigkeitsoptimierte Bedienung, denn man benötigt keine Bestätigungstaste, einmal aufgeklappt und angetippt, wird der Listenwert sofort übernommen.

Das Bild wird  via "Fire"-Button ausgelöst und kann im iPod/iPhone-Display sogleich betrachtet werden. Ein Doppelklick auf das Touch-Display zeigt vom aufgenommenen Bild einen 100%-Ausschnitt. Die eigentliche Bilddatei (auch RAW) wird auf dem Computer und optional ergänzend auf der Kamera-Speicherkarte gesichert. Den Festplatten-Ordner bestimmt man in der am Rechner gestarteten, kostenlosen Server-Software.

Livemodus

Über die Optionstaste steht auch der Livebildmodus bereit (nur soweit von der DSLR unterstützt). Hier lässt sich das Motiv nicht nur live verfolgen sondern auch durch Fingertipp der Autofokusbetrieb nutzen. Je nach eingestellter AF-Betriebsart wird dann entsprechend der Tipp-Position auf dem Display automatisch mehr oder weniger schnell scharfgestellt.

Eine 100%-Ansicht ist im Livebild nicht möglich. Man muss daher die Livebetriebsart beenden und dann nach dem Auslösen das Bild mit Doppel-Tipp im entsprechenden Ausschnitt optisch kontrollieren. Das ist zwar noch einigermassen flott aber in der laufenden Praxis schon ausbremsend. Schwer fiel es auch, das Bild exakt dort anzutippen, wo die Bildkontrolle stattfinden soll. Im iPad dürfte dafür mehr Platz zur Verfügung stehen, wird von uns dann noch nachgetestet.

Geschwindigkeit

Das Livebild wird relativ schnell aktualisiert, es verzögert sich im 802.11g-WLAN gegenüber dem Kameralivebild etwa um 0,5 Sekunden. Für kritische Bewegtmotive kann das schon etwas zu lang sein. Ansonsten werden Bewegungen recht flüssig dargestellt. Der Auslöser reagierte ausserhalb der Liveview praktisch unmittelbar, eine Auslöseverzögerung im Millisekundenbereich wird man natürlich hinnehmen müssen.

Wird das iPod/iPhone quer gestellt, dann unterstützt die Software auch diese Position und zeigt das Bild grösser an. Werteänderungen sind aber nur im vertikalen Modus möglich.

Videofunktionen können in der hier besprochenen Vers. 1.3 nicht weiter genutzt werden. Lt. Hersteller-Info soll allerdings ab Ende November 2010 die Vers. 1.4 eine Livebild-Start-Stopp-Funktion für den Videobetrieb und auch eine Monitorfunktion (Livebild während der Videoaufzeichnung) enthalten, die dann ergänzend für 9,99 USD aktiviert werden kann.


 

Belichtungsreihe

Die Software bietet optional unter dem Menüpunkt "Auto Bracket" eine automatische Belichtungsreihe, wenn an der Kamera das Programm M gewählt wurde. Zunächst wird bestimmt, um wieviele Blendenstufen das Motiv den mit einem Bild erfassbaren Kontrast übersteigt und stellt dann automatisch eine passende Belichtungsreihe ein. Der Spreizwert beträgt maximal 1 Blendenstufen.

Ein typischer Motivkontrast von +-2 EV - etwa bei Tageslicht mit hellem Himmel - stellt daher eine fünfstufige Belichtungsreihe ein. Eigentlich wäre ein Spreizwert von mindestens 2 EV wünschenswerter, wie ihn alle Canon DSLR bieten und dann mit 3 Belichtungen auskommen. Selbst Spreizwerte von +-3 EV können oft noch mit einer DRI-HDR-Software artefaktefrei verrechnet werden, während die in der App gebotene 1EV unnötig viele Aufnahmen produziert. Immerhin kann ein Kontrastumfang von bis zu +-5 EV (entspräche bei JPEGs dann 18 Blendenstufen) dann mit 11 Aufnahmen abgedeckt werden.

Optional lässt sich eine Auslöse-Verzögerung in 5 Stufen mit einem maximalem Abstand bis rund 3 Sekunden aktivieren - die kürzeste Verzögerung zwischen den Aufnahmen beträgt rund 1 Sekunde; das ist bei Bewegtmotiven oder Belichtngsreihen aus der Hand also etwas lang. Soll es schneller gehen, konnten wir an unser Canon DSLR auch eine Belichtungsreihe triggern, die in der Kamera hinterlegt wurde.


 

Timer

Im Menü findet sich ein Timer namens "Intervalometer", der mit einem Intervall von 1 Sekunde bis 24h einstellbar ist. Die Anzahl der Aufnahmen, die mit dem gewählten Abstand aufgenommen werden, ist praktisch unbegrenzt. Eine Vorlaufzeit kann nicht separat definiert werden, es lässt sich aber bestimmen, ob die gewählte Intervallzeit als einmaliger Vorlauf genutzt werden soll.

Die Belichtung wurde bei unseren Versuchen im Programm AV nur einmal von der Kamera von der Erstaufnahme übernommen, ändern sich die Lichtverhältnisse, dann wurde die Messung daher nicht angepasst, wie es eigentlich der Fall sein sollte.

Die Software arbeitet im gestarteten Timer auch weiter, wenn das iPod/iPhone aus Akkuspargründen in den Standby-Modus gebracht wird, allerdings hatten wir dann Probleme mit der Belichtungssteuerung zumindest im Programm AV (Überbelichtungen). Es empfiehlt sich daher ein Test, ob der Standby-Modus ggf. zuverlässig im eigenen Umfeld  ggf. im Programm M arbeitet. Natürlich kann auch die WLAN-Verbindung abbrechen und damit den Timerbetrieb unterbinden - bei längeren Timersessions wäre es daher überlegenswert, ob man sich nicht doch lieber einen klassischen Timer nutzt oder ggf. auf die Canon DSLR beiliegende Software EOS-Utility mit der Timerfunktion zugreift.

Gefallen hat uns die eingeblendete Countdown-Anzeige, die vor jeder Aufnahme die Restzeit anzeigt.

Installation

Die Installation geht im Idealfall relativ flott vonstatten. Die 15,99 Euro teure App "DSLR Camera Remote Pro" wird via Apples Software "iTune" auf das iPod Touch/iPhone (ab iOS 2.2.1 oder neuer) übertragen. Zusätzlich braucht es noch eine Server-Software "DSLR Camera Remote", die auf dem Rechner gestartet wird. Die kostenlose Serversoftware (Direktlink für Vers. 1.3.2 Windows / Mac) konnten wir sowohl unter Win XP, Win VISTA (jew. 32bit) als auch Win7 64bit starten. Prüfen Sie beim Hersteller, ob ggf. eine aktuellere Version verfügbar ist.

Sind die beiden Programme installiert ("DSLR Camera Remote Pro" auf dem iPod touch/iPhone und die Server-Software auf dem Computer), muss vor dem Start der Programme als erstes eine WLAN-Verbindung vom Computer zum iPod/iPhone hergestellt werden. Ausführliche Hinweise dazu finden Sie in unserem Spezialreport WLAN unter Windows mit iPod und iPhone herstellen.

Als nächstes wird die Kamera an den Computer via USB-Kabel angeschlossen. Jetzt wird die Server-Software gestartet, die dann auch die Kamera namentlich erkennt und in der ein Speicherort für die Bilder bestimmt werden kann. Anschliessend starten Sie am iPod Touch/iPhone die Anwendung (Icon "ON"). Dort wird beim ersten Start zunächst überprüft, ob eine Verbindung via WLAN auf die Server-Software möglich ist. Wird in der Liste der Rechner angezeigt, dann klickt man auf Verbinden und dann startet die eigentliche Remote-Oberfläche der App.

unterstützte Kameras

Im Canon Lager werden praktisch alle Modelle seit der EOS 20D unterstützt (EOS 20D, 30D, 40D, 50D), auch mehrstellige seit der EOS 400D (EOS 400D, 450D, 500D, 550D, 1000D) sowie die Einstelligen seit der 1D II (1D Mark II, 1D Mark IIN, 1D Mark III, 1D Mark IV, 1Ds Mark II, 1Ds Mark III, EOS 7D, 5D Mark II).

In der nächsten Version wird vermutlich auch die EOS 60D unterstützt werden. Nikon-User werfen am besten einen Blick in  die Kompatibilitätsliste.

 


Es wäre natürlich genial, wenn man das iPod/iPhone direkt mit der Kamera per WLAN verbinden und auf den dazwischengeschaltenen Computer verzichten könnte. Soweit ist die Technik leider noch nicht*, insoweit ist der Anwendungs-Komfort von "DSLR Camera Remote" eingeschränkt. Dennoch gibt es einige Szenarien, die auch ausserhalb des Fotostudios abgedeckt werden können. Z.B. auf einer Party mit fest platzierter Kamera und Notebook-Verbindung. Man löst dann z.B. vom iPod Touch immer dann aus, wenn auf dem Display eine interessante Szene zu sehen ist. Oder man beobachtet das schlafende Baby im Kinderzimmer via Liveview, eine Hintertorkamera lässt sich ebenso realisieren.

Der hochambitionierte Praxisnutzen scheint uns etwas eingeschränkt, denn der Autofokus via Liveview-Option arbeitet mittels Display-Fingertipp nicht so zielgenau, wie wir das manchmal benötigen und eine 100%-Liveansicht zwecks exakter Kontrolle der Schärfe wird auch im manuellen AF-Betrieb nicht angeboten. Wir konnten zwar an unserer Canon DSLR einzoomen und dieses Livebild wird auch am iPod/iPhone dargestellt aber dann klebt man schon wieder in Nähe der Kamera. Die nachträgliche Schärfenkontrolle im aufgenommenen Bild ist hingegen etwas mühsam. Etwas dünn scheint uns auch der AEB-Spreizwert von höchstens einer Belichtungsstufe.

Dennoch: Die Anwendung ist schon ziemlich ausgefeilt. Werteänderungen gehen sehr flott von der Hand, die Kamera löst praktisch ohne Verzögerung aus und wir haben mit der App. an unserem iPod Touch reichlich Spass. Die zusätzlichen Funktionen wie Timer und automatische Belichtungsreihe werden natürlich gerne mitgenommen, auch ein Serienbildmodus wird unterstützt.

Ob die Software letztlich im professionellen Umfeld vorteilhaft ist wird sich in unserer zukünftigen Anwendung zeigen. Interessant wird in jedem Fall auch die Videosteuerung in der nächsten Version (1.4), die dann neben Start-/Stopp auch ein Videolivebild anzeigen soll und so vermutlich als Video-Kontrollmonitor vor der Kamera genutzt werden kann. Als hochwertiger Auslöser mit umfangreichem Parameterzugriff ist die App in jedem Fall tauglich, selbst wenn das Bildcontrolling wie bisher am Rechner durchgeführt wird. Gespannt sind wir auch auf die spezielle Version für das iPad (ab Ende November 2010), die wir dann ergänzend besprechen werden.

Alternativ nutzen wir an der 5D Mark II eine Funkfernbedienung mit Parameter-Steuerung. Interessant ist auch der kabellose Fernauslöser mit Livebildfunktion Phottix Hero.

* Es ist allerdings möglich, bei Canon mit einigen WFT-Transmittern - wie für die 5D Mark II der WFT-E4 II (nicht E4 I) oder 1D Mark IV/Mark III (auch 1Ds III) der WFT-E2 II, 50D mit WFT-E3 mit Firmwareupdate - über Webbrowser die Kameras fernzusteuern und damit auch im iPod touch/iPhone/iPad ohne spezielle App aufzurufen (siehe engl. Anleitung für 1Ds III mit WFT-E2, oder EOS 50D mit WFT-E3). Die Bilder benötigen auch bei bester Verbindung jedoch für ein grosses L-JPEG zur Ansicht am iPod touch/iPhone idR 10 Sek., da nur 802.11g und nicht das schnellere .11n unterstützt wird; auch konnten wir uns am iPod/iPhone in keine echte 100%-Ansicht in der Auflösung wie am Kameramonitor einzoomen (Zoomfaktor entspricht - immerhin - etwa 50%). Die WFT Mark II-Versionen (WFT-E2-II und WFT-E4 II) bieten einen differenzierteren Kamerazugriff im Webbrowser z.B. auf ISO-, Blenden-, Zeitwert und auch eine Liveview (offenbar keine 100%-Ansicht), während die älteren WFT-Typen nur eine simple Oberfläche mit einem Auslösebutton bereitstellen. 
 

 

zum Dokumentanfang

 

Get the Flash Player to see this player.

Video-Version für iPod

 



 

  Leserkommentare:


Derzeit sind hier 32 Kommentare vorhanden:
 

sebastian: welche bezeichnung hat das sony netbook? man bekommt sie nur sehr schwer und wenn dann eher nur aus dem ausland.
wie immer tolle ideen auf dieser seite =)
(19.11.2010, 21:47 Uhr)

Holzapfel: Tolles Video! Hat mir echt gute Infos geliefert.... Mach weiter so! VG Marco
(17.11.2010, 20:26 Uhr)

[1] [2] [3] [4]
Kommentar schreiben:

Name:
E-Mail oder Homepage:

Bitte diese Zahlen eingeben:
Captcha Code

Hier geht es ZUM FORUM / Canon Specials finden Sie im TRAUMFLIEGER-SHOP !



 


Traumflieger-Hintergrundinfos

Wissen


Umfrage